Düsseldorf. Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter will die Widerstandsfähigkeit der Mobilfunkanlagen stärken. Unternehmen spendet eine Million Euro.
Nach der Jahrhundertflut in Teilen Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz arbeiteten Techniker des Telekommunikationskonzerns Vodafone rund um die Uhr daran, das Telefonieren in den Krisengebieten wieder zu ermöglichen. Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter spricht im Interview über die Katastrophe, deren Ausmaß sein Unternehmen bislang nicht kannte, und wie kritische Infrastruktur besser gegen Extremwetter geschützt werden kann.
Herr Ametsreiter, die Jahrhundertflut in NRW und Rheinland-Pfalz hat auch Funkmasten Ihres Konzerns zerstört. Wie weit sind Sie mit der Schadensbeseitigung?
Hannes Amtesreiter: Die Flut hat großes Leid über die Menschen gebracht. Vieles zerstört. Eine Katastrophe solchen Ausmaßes haben auch wir in unseren Netzen noch nicht erlebt. Wir brauchten zum Teil Räumpanzer, um überhaupt zu unseren Mobilfunkstationen vordringen zu können. Unsere Mitarbeiter mussten sich den Weg mit der Flex bahnen. Sie haben in den letzten Tagen wirklich bis zur Erschöpfung gearbeitet. Diese Kollegen stehen auch unter einem erheblichen psychischen Druck. Sie sehen das Leid der Menschen, die Angehörige und ihr Hab und Gut verloren haben.
Wie stark ist die Infrastruktur von Vodafone betroffen?
Ametsreiter: Derzeit haben wir noch rund 20.000 Festnetzanschlüsse nicht am Netz. Im Mobilfunk waren anfangs 250 Stationen außer Betrieb, von denen inzwischen mehr als die Hälfte repariert ist. Mittlerweile funken wieder 80 Prozent aller Stationen im Krisengebiet und versorgen damit rund 90 Pozent der betroffenen Bevölkerung.
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Was passiert in Regionen, wo Reparaturen aktuell nicht möglich sind?
Ametsreiter: Dorthin bringen wir mobile Basisstationen per Lkw aus ganz Deutschland. Zudem haben wir über die Vodafone-Stiftung Spezialteams aus ganz Europa eingeflogen. Sie haben Instant Network Boxen im Gepäck. Rettungskoffer vollgestopft mit Technik und einer Satellitenschüssel. Die Teams waren unter anderem beim schweren Erdbeben in Haiti 2010 im Einsatz. Damit können wir kleine kabellose Internet-Netze aufbauen, die Retter und Anwohner nutzen können. Im Moment sorgen die Kollegen in Ahrweiler für Empfang
Hitze, Stürme, Hochwasser – wie werden Sie künftig Ihre Infrastruktur gegen extreme Wetterereignisse schützen können?
Ametsreiter: Die Bedeutung der kritischen Infrastruktur von Energie- und Kommunikationsanbietern wächst immer weiter. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Widerstandsfähigkeit unserer Systeme. Das bedeutet eine neue Berechnung der Klimaanlagen für unsere Mobilfunkstationen und Rechenzentren. Aber auch Stürme und Starkregen stellen uns vor neue Herausforderungen. Alle Menschen, Politiker und Unternehmen sind gefordert, grüner und nachhaltiger zu werden. Sonst können wir dem Klimawandel nicht begegnen. Das ist eine Jahrhundertaufgabe.
Anwohner in den überfluteten Gebieten konnten nicht einmal mehr Angehörige informieren, dass sie leben. Wird es Technologien geben, die unabhängiger von Wettereinflüssen sind?
Ametsreiter: Vodafone hat sich an der AST-Gruppe beteiligt, die niedrig fliegende Satelliten betreibt. Die Idee dabei ist, dass Menschen mit normalen Handys in nicht versorgten Regionen über diese Satelliten telefonieren können. Ich denke, um 2023 werden wir hier erste Lösungen am Markt sehen.
Was tut Vodafone, um Menschen in den Hochwasser-Gebieten zu helfen?
Ametsreiter: Wir bei Vodafone trauern mit allen, die durch diese Katastrophe schlimme Verluste erlitten haben. Und in größter Hochachtung stehen wir vor dem, was die Helfer dort jetzt leisten. Wir wollen nicht nur mit Netzen helfen, sondern auch denen, die durch die Flut ihr Zuhause verloren haben. Deshalb spenden wir eine Million Euro an die ,Aktion Deutschland hilft’. Darüber hinaus rufen wir unsere Kundinnen und Kunden auf, ebenfalls zu spenden – einfach per SMS. Über die Rechnung reichen wir das Geld dann an den Fonds weiter. Den Betroffenen in den Krisengebieten schenken wir 100 Gigabyte Datenvolumen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Krisengebieten mithelfen, unterstützen wir mit fünf Tagen bezahltem Urlaub. Einige unserer Beschäftigten haben Flutopfer in ihren Wohnungen aufgenommen. Wir sehen im Moment einen riesigen solidarischen Einsatz. Bei uns im Unternehmen genau wie im ganzen Land. Das macht Mut.