Meschede. Während fast alle Zapfhähne trocken blieben, werden die Mehrweg-Kästen knapp. Warum der Holzmangel nun auch die Bier-Brauer finanziell trifft.

So gut wie kein frisch gezapftes Bier lief monatelang aus dem Hahn. Der harte Lockdown traf die Gastronomie immens, und damit auch die regionalen Brauereien wie Veltins, Krombacher und Warsteiner. Nicht einmal die Europameisterschaft habe den Bier-Verkauf angekurbelt, der sonst übliche Schub blieb aus. Kein Wunder, ohne Public Viewing und andere Veranstaltungen, sagen Krombacher und Veltins. Doch während die Bierfässer die Lager hüten, dürfen die Brauereien trotzdem aufatmen. Denn in der Krise schaffen es andere Sorten an die Spitze.

Veltins auf Wachstumskurs

„Wir haben das Vertrauen in den Biermarkt nicht verloren“, sagt Michael Huber, Generalbevollmächtigter bei Veltins. Ja, unter der monatelangen Schließung der Restaurants und Kneipen hätten auch sie gelitten. „Aber unser Himmel hat sich erhellt“, mehr noch: Die Brauerei sei entgegen dem allgemeinen Trend sogar wieder auf Wachstumskurs, sagt Volker Kuhl, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb.

5,5 Prozent verloren sie noch 2020, mit 1,55 Millionen produzierten Hektolitern schaffte es die Brauerei in diesem Halbjahr wieder auf ein Plus von 3,2 Prozent. Denn während sie in den vergangenen sechs Monaten auf ihrem Fassbier sitzengeblieben seien – immerhin waren es rund 54.000 Hektoliter – gingen dafür reichlich Flaschen über die Ladentheken. Darunter nicht nur der Dauerbrenner Pils, sondern vor allem die Limonade Fassbrause, die es in diesem Halbjahr auf ein Plus von 28 Prozent schaffte. Und nicht zu vergessen: das erst 2020 etablierte helle Bier Pülleken. Dessen Ausstoß konnte die Verluste des Veltins-Fassbieres sogar quasi wieder reinholen, wie Kuhl sagt: Mehr als 99.000 Hektoliter des Hellen gingen seit Januar raus, ein gelungener Start, findet er. „Davon versprechen wir uns viel.“

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In eine ähnliche Richtung geht auch die Tendenz bei Krombacher, wie die Brauerei aus Kreuztal auf Nachfrage sagt. Sortenvielfalt sei das Stichwort, statt nur auf eine Dachmarke zu setzen, zahle sich die aus. Insbesondere die alkoholfreien Sorten seien stark nachgefragt. Warsteiner dagegen wollte noch keine Stellungnahme abgeben, die Ergebnisse des Halbjahres will die Brauerei erst in der kommenden Woche veröffentlichen.

Entspannung wohl erst 2023

Ist die Krise also vorbei? Nein, so Veltins. Viele, vor allem kleine Brauereien, werden die Verluste durch die Pandemie nicht mehr aufholen können, sagt Huber. Die Abfüllung laufe zwar wieder in gebremstem Normalbetrieb und die in der Gastronomie befürchtete Insolvenzwelle sei ausgeblieben. Mit einer „echten Entspannung“ sei aber wohl erst 2023 zu rechnen. Die Delta-Variante könnte noch einiges verändern, sagt er. Falls dadurch ein weiterer Lockdown kommen sollte. Verlässlich sei die derzeitige Situation nicht.

Materialen knapp und teuer

Hinzu kämen außerdem neue Kostenrisiken: Die gestiegen Rohstoffpreise gehen auch an der Brauwirtschaft nicht vorbei. Für die „Unmengen an Europaletten“, mehrere 100.000 seien es im Jahr, werde Bauholz benötigt. Der Preis pro Palette liege inzwischen bei rund 19 Euro, „es waren mal 7 Euro“, sagt Huber. Knapp werden auch die Mehrweg-Kästen, für ihre Produktion fehle in Deutschland Kunststoff-Granulat. Der gestiegene Verkauf im Handel trage sicher auch zur Knappheit bei. Investiert wird bei Veltins trotzdem: 100 Millionen Euro steckt die Brauerei in zwei neue Abfüllanlagen, die erste soll nächstes Jahr an den Start gehen.

Man müsse schließlich nach vorne schauen, und auf eins könne sich die Branche derzeit verlassen: „Wo wieder konsumiert werden darf, da tun es die Leute mit Freude“, so Huber. Das hätten die vergangenen Wochen glücklicherweise gezeigt. Die Gastronomie nehme wieder Fahrt auf, „und auch wir sind optimistisch“.

>>HINTERGRUND<< Verkaufsschlager und Ladenhüter

Kein Produkt wurde bisher in 2021 so wenig verkauft wie Fassbier: Veltins meldet einen Rückgang von 39,5 Prozent.

Doch auch Sorten wie die Mischbiere, alkoholfreies und Malz-Bier waren weniger gefragt: Zusammengerechnet ein Minus von 20,5 Prozent.

Zugenommen hat bei Veltins dagegen der Verkauf der naturtrüben Fassbrause (+28,0 Prozent) und der Grevensteiner-Sorten (+0,4 Prozent).