Essen. Die großen Konzerne in NRW bereiten sich bereits auf den Start der Betriebsimpfungen vor. Doch welche Lösungen gibt es für kleinere Betriebe?

Das Impftempo in Deutschland nimmt weiter an Fahrt auf. Ab der zweiten Juniwoche sollen auch die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte der einzelnen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen einsteigen und die Belegschaften impfen. Die Konzerne in NRW sind bereits gut vorbereitet und könnten direkt loslegen - doch es gibt noch offene Fragen.

Beim Immobilienriesen Vonovia wird die bisherige Teststraße für Corona-Schnelltests in der Kantine der Bochumer Firmenzentrale kurzerhand zur Impfstraße umfunktioniert. „Sobald die von der Bundesregierung avisierten Impfdosen im Juni dieses Jahres eintreffen, können unsere Betriebsärztinnen und Betriebsärzte mit der Impfung unserer Belegschaft beginnen“, sagt Vorstandsvorsitzender Rolf Buch und spricht damit schon das erste Problem an.

Impfstoff-Menge für Betriebsärzte wohl erst einmal gering

Denn wie viel Impfstoff die Unternehmen letztendlich erhalten, steht noch nicht fest. Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW), sprach gegenüber dieser Redaktion von einer geringen Menge Impfstoff für die Betriebsärzte. Der Verband tauscht sich hierzu noch mit der Regierung aus. „Im März waren wir in direkten Gesprächen mit Herrn Spahn. Kürzlich wurden wir von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eingeladen“, so Wahl-Wachendorf weiter. Laut des VDBW werde den Betriebsärzten wohl hauptsächlich Biontech geliefert.

In der Hauptverwaltung von Eon in Essen sind fünf Impfstraßen geplant, in denen die Betriebsärzte die Beschäftigten gegen das Corona-Virus impfen sollen.
In der Hauptverwaltung von Eon in Essen sind fünf Impfstraßen geplant, in denen die Betriebsärzte die Beschäftigten gegen das Corona-Virus impfen sollen. © FUNKE Foto Services | Julia Tillmann

Nach Angaben des Energiekonzerns Eon erwartet man auch dort zunächst nur wenig Impfstoff. Der Stromriese plant in Essen fünf Impfstraßen. So könnten an dem Standort pro Tag 1000 Personen geimpft werden. „Dies setzt jedoch die Verfügbarkeit von Impfstoff in ausreichenden Mengen voraus“, so eine Sprecherin. Bis dahin sei der Beitrag, den die Industrie beim Impfen leisten kann, sehr eingeschränkt.

Evonik könnte in NRW bis zu 700 Personen am Tag impfen

Der Essener Chemiekonzern Evonik könnte im Chemiepark Marl 500 Personen und an den beiden Essener Standorten mindestens 200 Personen am Tag impfen, heißt es auf WAZ-Anfrage. Auch hier wurden an den einzelnen Standorten bereits Impfstraßen oder Zentren eingerichtet. „Wir können hier auf unsere Erfahrungen der jährlichen Grippe-Schutz-Impfung zurückgreifen, was das Personal und die Infrastruktur betrifft“, so die Ärztliche Direktorin Dr. Uta Müller. Zudem laufe im hessischen Hanau bereits ein Pilotprojekt.

12.000 Ärztinnen und Ärzte stehen bereit

Nach Angaben des VDBW stehen in ganz Deutschland 12.000 Betriebsärztinnen und Ärzte bereit, um die Impfkampagne des Bundes in Unternehmen zu unterstützen. „Es ist wichtig, dass wir einbezogen werden und das Impftempo ergänzend zu anderen Ärzten so beschleunigen können“, so VDBW-Vizepräsidentin Annete Wahl-Wachendorf.

Noch müssen einige Detailfragen aber geklärt werden. Aktuelle Informationen über den Stand der Impfungen in Betrieben finden Arbeitnehmer unter anderem auf der Internetseite www.wirtschaftimpftgegencorona.de.

Auch bei Thyssenkrupp ist alles in die Wege geleitet. „Wir haben die entsprechenden Prozesse vorbereitet, die Örtlichkeiten bestimmt und die Kampagne zum Impfstart bereits vorbereitet“, sagt ein Unternehmenssprecher. Jetzt wartet man noch auf das offizielle „Go“ der Regierung. Ähnlich sieht es beim Großhandelsunternehmen Metro aus. „Sobald die Freigabe des Impfstoffes für Betriebsärzte gilt, werden wir unseren Mitarbeitern am Standort Düsseldorf ein Angebot machen“, erklärte Finanzvorstand Christian Baier bereits im Rahmen der Quartalspressekonferenz.

Größere Konzerne sollen mit kleineren Firmen kooperieren

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Während die großen Konzerne also bereits auf den Start vorbereitet sind und im Fall von Vonovia auch Angehörige ein Impfangebot bekommen sollen, sieht die Situation bei kleineren Betrieben anders aus. Die Handwerkskammer Düsseldorf prüft derzeit Optionen, wie auch Beschäftige dieser Firmen geimpft werden sollen. „Eine gute Lösung können Betriebsstraßen in den Testzentren sein“, so Abteilungsdirektor Alexander Konrad. So könne man Firmenmitarbeitern an bestimmten Tagen oder auch dauerhaft zugeteilte Slots zur Verfügung stellen.

Die IHK Niederrhein prüft derweil, ob größere Unternehmen mit kleineren kooperieren können. So wäre es möglich, dass etwa Mitarbeiter mittelständischer Firmen auch das Impfangebot der großen Konzerne wahrnehmen könnten. Derzeit läuft nach Angaben von Frank Rieger, Geschäftsbereichsleiter Recht und Steuern, eine Umfrage, wie groß der Bedarf ist und welche Kooperationen möglich sein. All das ist abhängig davon, wie viel Impfstoff letztendlich zur Verfügung steht. Und diese Frage ist noch nicht geklärt.