Brilon. Die Versorgung von Covid-19-Patienten sorgt in Kliniken für hohen Aufwand. In NRW werden dafür aber nicht alle entschädigt, anders als in Bayern.

Zentraler Ausgangspunkt für alle Bemühungen in der Pandemie ist seit einem Jahr, eine Überlastung in Kliniken durch eine unkontrollierbare Zahl von Covid-19-Patienten um jeden Preis zu verhindern. Das bringt etliche Kliniken jetzt in Existenznöte. „Sehr viele Häuser werden in derartige finanzielle Engpässe kommen, dass sie 2022 gar nicht erreichen werden“, prophezeit René Thiemann, Geschäftsführer des Dortmunder Hüttenhospitals und des städtischen Krankenhauses Maria Hilf in Brilon.

In NRW drohen Pleiten

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Für die Behandlung von Covid-19-Patienten und das Vorhalten von Kapazitäten hat der Bund nach Angaben des Gesundheitsministeriums allein 2020 rund 9,4 Milliarden Euro Ausgleichszahlungen zur Verteilung über die Länder weitergeleitet. Mittlerweile ist die Systematik aber geändert worden. Vor einem Jahr wurde in aller Eile und recht pauschal viel Geld schon für das Freihalten von Betten und das Verschieben von operativen Eingriffen gezahlt, um einen Kollaps des Krankehaussystems zu verhindern. Das führte zum Teil dazu, dass Kliniken, die 2019 gut belegt waren, im vergangenen Jahr durch bloßen Leerstand profitierten.

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Im Laufe der Pandemie wurde wieder differenzierter vorgegangen. Kliniken erhielten für jedes zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene Intensivbett mit maschineller Beatmungsmöglichkeit sogar eine Pauschale von 50.000 Euro, um eine „Triage-Situation“ zu verhindern. Gleichzeitig mussten sich Krankenhäuser mit Intensivbetten im DIVI-Intensivregister registrieren, das einen Überblick über die aktuelle Belegung bundesweit bietet.

Während der Laie vermuten könnte, dass die Krankenhäuser einfach für den tatsächlichen Aufwand und entgangene Einnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie entschädigt werden sollten, läuft es komplizierter und aus Sicht der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) für viele Häuser auf eine „Existenz bedrohende Lage“ zu. Die KGNW vertritt rund 345 Krankenhäuser in NRW. Ein aktuelle Umfrage habe ergeben, dass durch Belegungsrückgänge und Ausfälle bei ambulanten Leistungen allein im Januar 2021 ein Verlust von mehr als 370 Millionen Euro entstanden sei.

Auch das Dortmunder Hüttenhospital, spezialisiert auf Geriatrie, habe innerhalb weniger Wochen Millionenverluste verbucht, sagt Geschäftsführer Thiemann. Trotz der Spezialisierung habe man Covid-Patienten behandelt, beziehungsweise Patienten aufgenommen, die aufgrund der Pandemiesituation in der Stadt in anderen Häusern keinen Platz bekamen, weil dort Covid-Patienten lagen. Als Spezialklinik ohne eigene Chirurgie fällt das Hüttenhospital allerdings aus dem Raster des Landes, das die Ausgleichszahlungen verteilt.

Ähnlich ist die Situation im Krankenhaus Maria Hilf in Brilon, das gemeinsam mit vier weiteren (Grafschaft, Olsberg, Winterberg und Marsberg) in Abstimmung mit dem Kreisgesundheitsamt das Coronazentrum Hochsauerland Süd/Ost zur bestmöglichen Versorgung von Covid-Patienten gebildet hat. Sowohl für das Hüttenhospital in Dortmund als auch für das Maria Hilf in Brilon hatte Thiemann beim Land einen Antrag gestellt, als ausgleichsberechtigte Krankenhäuser nach Paragraf 21 des Krankenhausgesetzes anerkannt zu werden. Vergebens, wie die Bezirksregierung Arnsberg als nachgeordnete Landesbehörde nun mitteilte.

So wie diesen beiden Häusern drohen etlichen Millionenverluste – jedenfalls in NRW, wo die Krankenhauslandschaft von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ohnehin gerade neu geordnet werden soll. Bislang profitieren laut Bundesgesundheitsministerium vor allem Unikliniken und Maximalversorger, also die ganz großen Krankenhauseinheiten.

Bayern macht es anders

Die bayerische Landesregierung mit Markus Söder (CSU) an der Spitze hat das Problem, das aus Sicht von Experten schon innerhalb kürzester Zeit zu zahlreichen Krankenhauspleiten in der Fläche führen könnte, offenbar erkannt hat und sich gegenüber der Bundesregierung durchgesetzt. In Bayern sollen alle Kliniken, die eine Leistung bei der Pandemiebekämpfung erbringen, auch Ausgleichszahlungen erhalten. Ganz einfach. In Nordrhein-Westfalen dagegen sieht das anders aus. „Wir werden für unser Engagement in der Pandemiebekämpfung bestraft“, empört sich Thiemann, denn aus der Versorgung von Covid-Patienten werden sich die kleineren Krankenhäuser kaum heraushalten können – solange es sie noch gibt. Eine Anfrage dieser Zeitung an den Landesgesundheitsminister, warum dies in NRW so sein soll, ließ Karl-Josef Laumann gestern unbeantwortet.