Duisburg. Thyssenkrupp baut 750 Stellen zusätzlich in der Stahlsparte ab. Damit sollen insgesamt 3750 Arbeitsplätze bei Thyssenkrupp Steel entfallen.

Thyssenkrupp verschärft den Sparkurs in der Stahlsparte und baut zusätzlich 750 Arbeitsplätze ab – über die bereits beschlossenen 3000 Stellen hinaus. Das teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Die IG Metall habe einer entsprechenden Basisvereinbarung zugestimmt. Der zusätzliche Abbau von bis zu 750 Stellen solle vor allem „in Verwaltung und produktionsnahen Bereichen“ erfolgen – und zwar bis zum 30. September 2023.

Den weiteren Stellenabbau begründete das Unternehmen mit den Folgen der Corona-Krise, durch die eine finanzielle Lücke entstanden sei. Die jetzt verabschiedete Basisvereinbarung mit der IG Metall biete die Grundlagen, diese Lücke zu schließen, erklärte das Unternehmen. Ein bisher geltender Tarifvertrag, der auch eine Beschäftigungssicherung bis zum Jahr 2026 vorsieht, bleibt Unternehmensangaben zufolge erhalten. Damit sollen betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Geprüft werden solle nun allerdings auch, „ob einzelne betriebliche Funktionen über Betreibermodelle effizienter gesteuert werden können“, erklärte Thyssenkrupp, ohne dabei ins Detail zu gehen.

„Die Vereinbarung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und ein Meilenstein auf dem Weg zu einer möglichen Verselbstständigung des Stahlbereichs“, sagte Thyssenkrupp-Finanzchef Klaus Keysberg, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp Steel ist. „Die Vereinbarung wird dazu beitragen, den durch Corona entstandenen wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen. Das ist Voraussetzung dafür, den Stahl nachhaltig zukunftsfähig aufzustellen.“

Zur Stahlsparte gehören etwa 27.000 der rund 100.000 Beschäftigten des Essener Industriekonzerns Thyssenkrupp. Mit Standorten in Duisburg, Bochum und Dortmund hat die Stahlproduktion insbesondere für NRW eine große Bedeutung.

IG Metall: Haben die „wildesten Pläne verhindert“

Die IG Metall und Betriebsräte betonten, mit der Basisvereinbarung hätten sie „die wildesten Pläne“ des Managements verhindern können. „Dieses Ergebnis ist keines, das in der Belegschaft stehenden Applaus erntet, das wissen wir“, sagte Detlef Wetzel, der die Interessen der Arbeitnehmer als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp Steel vertritt. „Aber wir konnten ein paar Leitplanken einziehen.“

Thyssenkrupp wolle künftig einzelne Geschäftsbereiche gemeinsam mit Partnern von außen betreiben, erklärte die Gewerkschaft und betonte zugleich: „Es gibt mit der IG Metall kein Billig-Outsourcing. Thyssenkrupp kann das Betreibermodell nur anwenden, wenn die IG Metall zustimmt.“ Diese Zustimmung sei nun an klare Bedingungen geknüpft, etwa an eine Tarifbindung.

Thyssenkrupp-Chefin Merz verfolgt eisernen Sparkurs

Die IG Metall zeigte sich vor wenigen Tagen offen für eine Herauslösung der Stahlsparte aus dem Essener Industriekonzern Thyssenkrupp. Gewerkschaftsvorstand Jürgen Kerner nannte es „die richtige Entscheidung“, dass der Vorstand das Stahlgeschäft nun „aus eigener Kraft“ weiterentwickeln wolle und dabei auch erwäge, die Konzernsparte „zu verselbstständigen“.

Zuvor hatte Thyssenkrupp-Vorstandschefin Martina Merz in einem Informationsschreiben an die Belegschaft erklärt, ihr Ziel sei es, das Stahlgeschäft in die Selbstständigkeit zu führen. Dieses Vorhaben sei zwar „sehr anspruchsvoll“, aber „machbar“. Merz forderte in diesem Zusammenhang auch, die Stahlsparte müsse „so robust aufgestellt sein, dass es keine Zuschüsse mehr aus der Zentrale braucht“.

Pläne für Herauslösung der Stahlsparte aus dem Thyssenkrupp-Konzern

Um die Jahrtausendwende herum hatte Thyssenkrupp schon einmal Pläne für einen Börsengang der Stahltochter verfolgt. Doch im Sommer 2000 sagte die damalige Konzernleitung um Ekkehard Schulz das Vorhaben ab und begründete den Schritt mit einer schwachen Bewertung des Stahlsektors am Kapitalmarkt. Einige Jahre später versuchte der langjährige Vorstandschef Heinrich Hiesinger, den Stahl durch eine Fusion mit dem indischen Hersteller Tata aus dem Konzern herauszulösen. Auch dieser Plan scheiterte letztlich – wenige Monate nach dem Rückzug von Hiesinger.

Aktuell stellt sich erneut die Frage, ob Thyssenkrupp Steel als eigenständiges Unternehmen an der Börse erfolgreich sein könnte. Milliardenschwere Pensionslasten erschweren einen Neustart der Sparte. Hinzu kommt, dass für den Aufbau einer klimaneutralen Stahlproduktion erhebliche Investitionen erforderlich sind. Gespräche mit dem britisch-indischen Unternehmer Sanjeev Gupta zu einem Verkauf der Stahlsparte hatte der Thyssenkrupp-Vorstand kürzlich beendet.