Essen. Die Finanzaufsicht macht die Greensill Bank mit Verbindungen zum Stahlinvestor Sanjeev Gupta dicht. Gupta wollte Thyssenkrupp Steel übernehmen.

Es ist eine brisante Nachricht, die auch bei Thyssenkrupp auf großes Interesse stoßen dürfte: Die deutsche Finanzaufsicht geht gegen eine Bank mit engen Verbindungen zum britisch-indischen Stahlunternehmer Sanjeev Gupta vor. Gupta, der über sein Unternehmen GFG Alliance Group auch den britischen Stahlkonzern Liberty Steel kontrolliert, hatte vor wenigen Tagen noch mit dem Thyssenkrupp-Management über eine mögliche Übernahme der Stahlsparte des Essener Traditionskonzerns verhandelt.

Bei einem möglichen Deal von Gupta mit Thyssenkrupp hätte dem Vernehmen nach auch jene Bank eine Schlüsselrolle spielen sollen, die nun ins Zwielicht gerät: die Bremer Greensill Bank. Am Mittwoch (3. März) teilte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) mit, die Greensill Bank für den Verkehr mit der Kundschaft zu schließen. „Wegen drohender Überschuldung“ habe die Bafin gegenüber der Bank zudem ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen – sämtliche Ein- und Auszahlungen werden damit gestoppt.

Bafin schließt Bank und stellt Strafanzeige

Die Begründung der deutschen Finanzaufsicht lässt aufhorchen. In einer Sonderprüfung habe die Bafin festgestellt, dass die Greensill Bank nicht in der Lage sei, „den Nachweis über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu erbringen, die sie von der GFG Alliance Group angekauft hat“. Die Bremer Staatsanwaltschaft teilte mit, die Bafin habe auch eine Strafanzeige gegen das Geldinstitut eingereicht.

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Das „Handelsblatt“ berichtete unter Berufung auf Finanzkreise, die Kontrolleure befürchteten, dass zu viele Vermögenswerte in den Büchern letztlich an Gupta gebunden sind. Weil sie Klumpenrisiken gesehen habe, habe die Bafin das Institut bereits im vergangenen Sommer aufgefordert, Forderungen gegenüber Gupta zu reduzieren. Die Greensill Bank habe später zum Teil nicht nachweisen können, dass aufgekaufte Forderungen überhaupt bestehen. Deshalb stehe der Verdacht im Raum, dass es sich bei einigen Transaktionen in Wahrheit um Kredite an Gupta handele.

„Keine Bedrohung für die Finanzstabilität“

Die Muttergesellschaft des Bremer Geldhauses ist die australische Bank Greensill Capital. Die Greensill Bank entstand aus der früheren Nordfinanz Bank, die im Jahr 2014 von Greensill Capital übernommen wurde. Seit einigen Jahren wächst das deutsche Institut massiv, die Bilanzsumme vervielfachte sich bis Ende 2020 auf 4,8 Milliarden Euro. Damit habe die Greensill Bank allerdings „keine systemische Relevanz“, betonte die Bafin. „Ihre Notlage stellt daher keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar.“

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Die Greensill-Gruppe ist ein global agierender Anbieter mit Geschäften rund um die Lieferketten-Finanzierung von Industrieunternehmen. Dabei geht es um einen kurzfristigen Bargeldvorschuss, der Unternehmen Zeit gibt, um Lieferanten zu bezahlen. Greensill Capital zahlt einem Lieferanten schneller die Rechnung, als es der Auftraggeber könnte – und bekommt dafür einen Rabatt. Die Forderungen bündelte Greensill Capital in anleiheähnlichen Wertpapieren und verkaufte sie an Investoren.

Dass es bei der Unternehmensgruppe, die im Jahr 2011 vom Ex-Banker Lex Greensill gegründet worden ist, zu einer Schieflage kommen könnte, zeichnete sich in den vergangenen Tagen ab. So berichtete unter anderem die „Financial Times“, der Mutterkonzern Greensill Capital müsse in Australien Insolvenz anmelden.

Sollte die deutsche Finanzaufsicht Bafin förmlich feststellen, dass die Greensill Bank nicht in der Lage ist, die Einlagen zurückzuzahlen, sind Spareinlagen bis zu 100.000 Euro pro Kunde durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt.

Stahlunternehmer Sanjeev Gupta mit engen Beziehungen zu Greensill

Der britisch-indischen Stahlunternehmern Sanjeev Gupta, der enge Verbindungen zum Bankhaus Greensill pflegte, hatte im vergangenen Jahr ein Übernahmeangebot für das traditionsreiche Thyssenkrupp-Geschäft mit rund 27.000 Beschäftigten und großen Standorten in NRW vorgelegt. Zwischenzeitlich ließ das Thyssenkrupp-Management den potenziellen Käufer sogar in die Bücher schauen. Vor wenigen Wochen brach der Thyssenkrupp-Vorstand die Gespräche ab.

„Wir haben die Tür für Verhandlungen aufgemacht, aber die Vorstellungen über Unternehmenswert und Struktur der Transaktion lagen am Ende doch weit auseinander“, begründete Thyssenkrupp-Finanzchef Klaus Keysberg vor einigen Tagen den Schritt. Zuvor waren Zweifel an dem Konzept für die Finanzierung eines möglichen Deals unter Beteiligung der Bank Greensill aufgekommen.