Essen. Im Homeoffice fällt vielen Menschen die Decke auf den Kopf. Der Düsseldorfer Unternehmer Udo Stern sieht Alternativen im Auto und auf dem Wasser.
Erst der Lockdown, dann das Hochwasser auf dem Rhein, jetzt Schnee und Eis – als Spediteur hat Udo Stern in den letzten Monaten an vielen Fronten zu kämpfen. Zum Glück hat sich der gebürtige Wanne-Eickeler gemeinsam mit seiner Frau ein zweites Standbein aufgebaut: Sie beraten vermögende Kunden bei der Inneneinrichtung ihrer Yachten. Auch hier hinterlasse die Corona-Pandemie ihre Spuren, meint Stern. Das Ehepaar aus Düsseldorf stellt fest, dass Yachten immer häufiger auch als Homeoffice genutzt werden.
Udo Stern kennt sich aus in der Szene. Während seiner mehr als 20-jährigen Tätigkeit bei der Lufthansa-Techniktochter war der heute 62-Jährige auch für die Betreuung der Privatflugzeuge reicher Scheichs verantwortlich. „Zu unseren Kunden gehörte auch der Sultan von Brunei. Er hat damals schon Wert auf Satelliten-Kommunikation gelegt”, erinnert sich Stern.
https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen-buer/boote-sind-beruf-und-berufung-id8876920.htmlBei allen technischen Möglichkeiten wie WLAN im Flugzeug, die seither erwachsen seien, biete es sich aber trotzdem nicht an, ein Unternehmen aus einem Jet heraus zu führen. Der Spediteur mit der Leidenschaft für Luftfahrt hat sein Interesse deshalb verstärkt auf das Wasser gelenkt. Stern ist mit Alfred Zurhausen befreundet. Der bekannte Geschäftsmann aus Marl verkauft in ganz Europa Yachten.
Pro Meter eine Million Euro
Gemeinsam haben sie Kontakte zur italienischen Werft Mangusta, die Traumboote auch für größere Geldbeutel baut. Ungefährer Richtwert: pro Meter eine Million Euro. Und eine ausgewachsene Yacht ist gut und gern auch schon mal 30 Meter lang.
https://www.waz.de/staedte/duesseldorf/forderung-nach-aga-khan-center-in-duesseldorf-id231241310.htmlErst kürzlich war Stern in Italien, um einen Freizeitkapitän bei der Wahl des Interieurs seiner neuen Yacht zu beraten. „Die Nachfrage steigt”, hat der Unternehmer festgestellt. „Eine Yacht ist einer der wenigen Orte, an dem man in Corona-Zeiten sicher Urlaub machen kann.” Stern registriert aber gleichwohl, dass sich die künftigen Eigner auch gleich ein voll ausgestattetes Büro gönnen. Unternehmen lassen sich im digitalen Zeitalter auch von hoher See aus lenken.
Der Mann, der in Wanne-Eickel geboren wurde und aufwuchs, hat aber nicht nur die Klientel im Blick, die sich einen Luxus-Arbeitsplatz leisten können. „In meinem Bekanntenkreis drehen alle am Rad, weil die Eltern im Homeoffice arbeiten und die Kinder im Homeschooling sind”, meint Stern. „Auf Dauer bauen sich da doch Aggressionen auf, wenn man immer nur auf dieselbe Tapete gucken muss.”
https://www.waz.de/region/rhein-und-ruhr/geschaeftsleute-fordern-mehr-dienstreisen-weniger-homeoffice-id229187704.htmlUnd weil der Spediteur nach eigenen Angaben nun einmal „technikbegeistert” ist, hat er nach Möglichkeiten gesucht, wie mehr Abwechslung in die Arbeit zwischen Küchentisch und Couch im Wohnzimmer kommen kann. Nach längerer Suche ist Stern beim japanischen Autobauer Nissan ist fündig geworden. Der Kleintransporter NV350, der bereits auf dem Markt ist, kann sich als „Caravan Office-Pod-Concept“-Variante blitzschnell in einen funktionalen Arbeitsplatz verwandeln lassen – mit Dachterrasse und kleinem Büro im Innern des Fahrzeugs. Selbst an eine elektronisch zu steuernde Verdunkelung ist gedacht, damit nicht zu viel Licht auf den Bildschirm fällt.
Hoffen auf deutsche Autobauer
„Das Büro kann man mit dem Smartphone nach draußen steuern und es hat sogar eine Kaffeemaschine an Bord”, berichtet Stern. Wem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, könne damit rasch an den Waldrand oder ans Rheinufer fahren, um bei der Arbeit einfach mal wieder durchatmen zu können. Der Spediteur kann sich vorstellen, dass Unternehmen einige Exemplare dieses Homeoffice auf vier Rädern anschaffen und tageweise an genervte Mitarbeiter vermieten. Bei aller Begeisterung über die Idee hat die Sache allerdings noch einen Haken. Selbst Nissan hat das flexible Auto noch gar nicht auf den Markt gebracht. Beim Tokyo Auto Salon im Januar wurde das mobile Büro erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Wegen Corona fand die Messe allerdings nur virtuell statt.
Mobilitätsexperte Stern ist aber vom Erfolg dieser Vehikel überzeugt. „Ich hoffe, dass auch deutsche Autobauer ganz schnell über solche Konzepte nachdenken.” Denn mobiles Arbeiten, darüber sind sich die meisten Experten einig, wird auch nach Abklingen der Pandemie ein Thema bleiben. Wenn auch nicht mehr zu 100 Prozent, wie es im Augenblick noch in vielen Konzernen üblich ist.