Essen. Wegen der Corona-Krise schlägt der Betriebsrat der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof in einem Brief an Kanzlerin Merkel Alarm.

Angesichts des andauernden Lockdowns in der Corona-Krise schlagen die Arbeitnehmervertreter des Essener Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) Alarm. In einem „Offenen Brief“ an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigt sich der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens tief besorgt und verärgert. „Wir mussten den Eindruck gewinnen, dass auf Bundesebene kein Interesse besteht, mit den Vertreterinnen und Vertretern von zigtausenden Einzelhandelsbeschäftigten in einen Dialog zu treten“, schreiben Gesamtbetriebsratschef Jürgen Ettl und seine Kollegen Peter Zysik und Udo Feix. „Man spricht zwar über uns, jedoch nicht mit uns. Dies macht uns fassungslos.“

Zur Unterstützung der vom Lockdown betroffenen Betriebe machen sich die Arbeitnehmervertreter für staatliche Hilfe in Form eines „Fixkosten-Zuschusses“ stark. Die Hilfspakete im Zusammenhang mit der Pandemie seien derzeit aus Sicht der Einzelhandelsbranche „völlig unzureichend“, kritisieren sie in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. „Die Zeit läuft uns davon“, warnen die Betriebsräte und verweisen auf die „Gefahr eines massiven Kahlschlags“ in der Branche.

Ruf nach "Fixkosten-Zuschuss" für Warenhauskonzern

Allein im Einzelhandel habe es seit dem ersten Lockdown einen Umsatzverlust von zirka 36 Milliarden Euro gegeben. Gleichzeitig seien im Einzelhandel rund zwölf Milliarden Euro Fixkosten angefallen. „Die Hilfszahlungen für den Einzelhandel betragen jedoch gerade einmal zirka 90 Millionen Euro – mithin ein Bruchteil des infolge behördlicher Anordnung entstandenen Umsatzverlustes. Dieses krasse Missverhältnis muss dringend korrigiert werden“, mahnen die Arbeitnehmervertreter von Galeria Karstadt Kaufhof und erklären, ein „Fixkosten-Zuschuss" könne „branchenübergreifend eine gerechte Lösung darstellen“.

Galeria Karstadt Kaufhof geht laut Betriebsrat bislang leer aus

Nach Angaben von Gesamtbetriebsratschef Ettl erhält Galeria Karstadt Kaufhof derzeit keine staatlichen Hilfspakete. „Wir gehen leer aus“, sagte Ettl im Gespräch mit unserer Redaktion. Als Unternehmen mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz werde der Warenhauskonzern mit seinen rund 27.500 Mitarbeitern nicht bei den Unterstützungsprogrammen berücksichtigt. Aktuell seien die Beschäftigten nahezu komplett in Kurzarbeit.

Seit einigen Wochen versuche der Betriebsrat von Galeria Karstadt Kaufhof ohne Erfolg, mit der Bundespolitik ins Gespräch zu kommen, berichten Jürgen Ettl, Peter Zysik und Udo Feix. „Bisher fanden konstruktive Gespräche leider beinahe ausschließlich auf lokaler Ebene statt.“

„Unser Unmut nimmt rapide zu"

Die Arbeitnehmervertreter mahnen, die Politik dürfe die Interessen der Einzelhandelsmitarbeiter nicht aus den Augen verlieren. „Wer uns jetzt nicht ernst nimmt, läuft Gefahr, bei Wahlen die Konsequenzen dafür zu tragen“, geben die Betriebsräte zu bedenken. „Unser Unmut darüber nimmt rapide zu. Unsere Kolleginnen und Kollegen fühlen sich von der Politik nicht mehr ernst genommen und auch nicht mehr vertreten. Das Letzte, was wir in diesem Land brauchen oder wollen, ist jedoch, dass diese Menschen während der kommenden Monate zu Protestwählern werden und damit der Gruppierung am rechten Rand weiteren Zulauf verschaffen.“

Bei der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof macht das Filialgeschäft einen Großteil des Umsatzes aus. „Die wiederholt geäußerte Auffassung, der stationäre Einzelhandel habe das Online-Geschäft verschlafen und müsse jetzt die Rechnung dafür bezahlen, können wir nicht gelten lassen“, heißt es in dem „Offenen Brief“ der Betriebsräte. „Wir sind keine Online-Händler." Das Online-Geschäft könne für den stationären Einzelhandel bestenfalls „ein zweites Standbein“ sein. „Unser Kerngeschäft findet nicht vor Maschinen, sondern von Mensch zu Mensch statt.“ Die Arbeitnehmervertreter kritisieren: „Anstatt die Verbraucher zur Solidarität aufzurufen, drängen einige politische Kräfte und deren Maßnahmen die Menschen immer mehr zum Online-Einkauf.“

Nach einem Insolvenzverfahren im vergangenen Jahr hatte Galeria Karstadt Kaufhof einen Neustart angestrebt. Anfang September machten die Gläubiger des Unternehmens den Weg für eine Sanierung frei. Der Insolvenzplan sah neben Filialschließungen und Arbeitsplatzabbau auch milliardenschwere Einbußen von Lieferanten und Vermietern vor.​ Der erneute Lockdown seit Dezember führt beim Essener Warenhauskonzern aktuell zu erheblichen Einbußen.