Essen. Überraschender Wechsel: Eon-Manager Bernhard Günther geht zur Uniper-Mutter Fortum nach Finnland. Insider sehen darin einen Schritt mit Kalkül.
Der Eon-Manager Bernhard Günther wechselt überraschend zum finnischen Energiekonzern Fortum. Der 53-jährige frühere RWE- und Innogy-Vorstand soll Unternehmensangaben zufolge ab Februar kommenden Jahres als Finanzchef bei Fortum anfangen. Der finnische Versorger ist Mehrheitsaktionär beim Düsseldorfer Energiekonzern Uniper. Günther gehört bereits dem Uniper-Aufsichtsrat an, ebenso dem Kontrollgremium von Thyssenkrupp.
„Das ist ein kluger Schachzug von Fortum“, sagte Thomas Deser von der Fondsgesellschaft Union Investment im Gespräch mit unserer Redaktion. Mit seiner Erfahrung und seinem guten Netzwerk in der deutschen Energiewirtschaft könne Günther „dem finnischen Konzern hilfreich sein“. Voraussichtlich werde Fortum den Einfluss bei Uniper in den kommenden Monaten ausbauen, erklärte Deser. Die Schwelle von 75 Prozent der Anteile hat der finnische Konzern bereits überschritten. Er rechne damit, dass Fortum weiter zukaufen und 100 Prozent anstreben werde, sagte der Experte. „Das Ziel dürfte sein, Uniper von der Börse zu nehmen und in Fortum zu integrieren. Durch Uniper steigt Fortum zu einem der wichtigsten europäischen Versorger auf. Als Finanzchef übernimmt Günther dabei eine Schlüsselrolle.“
Günther war im März 2018 Opfer eines Säureanschlags geworden. Bis heute ist sein Gesicht von dem Anschlag gezeichnet. Die Hintergründe der Tat sind bislang unbekannt. Günther äußerte vor einiger Zeit die Vermutung, ein beruflicher Konkurrent habe ihm mit dem Angriff schaden wollen. Günthers ehemaliger Arbeitgeber Innogy hat eine Belohnung von 100.000 Euro ausgesetzt, um eine Aufklärung des Falls zu erreichen – bislang erfolglos.
Noch bis zum Jahresende in Diensten von Eon
Bis zum Jahresende steht Günther noch in Diensten des Essener Energiekonzerns Eon, der die frühere RWE-Tochter Innogy übernommen hatte. Vorstandschef Johannes Teyssen sagte zu Günthers bevorstehendem Abschied, er schätze an Günther unter anderem „seine Kämpfernatur im Umgang mit Rückschlägen und schwierigen Situationen“. Nach der Übernahme von Innogy durch Eon war Günther maßgeblich daran beteiligt, die Geschäfte der früheren RWE-Tochter beim Nachbarkonzern einzugliedern.
Nach einem erbitterten Kampf beider Unternehmensführungen hatte der finnische Versorger Fortum die Kontrolle bei Uniper übernommen. Im Aufsichtsrat von Uniper ist Günther derzeit einer von zwei unabhängigen Mitgliedern neben vier Vertretern des Mehrheitsaktionärs Fortum. Auf Anfrage teilte Uniper zu diesem Umstand mit, im Unternehmen prüfe man derzeit die juristischen Auswirkungen der Berufung Günthers in den Fortum-Vorstand.
Fortum-Chef Markus Rauramo erklärte, er habe Günther bei der gemeinsamen Tätigkeit im Uniper-Aufsichtsrat kennengelernt und schätze „seine stets analytische und konstruktive Herangehensweise“. Günther betonte, er habe erfahren, dass die „Führung bei Fortum durch Transparenz, Offenheit und Verantwortlichkeit geprägt“ sei. Dabei sehe er „viele Parallelen“ zu seiner Erfahrung bei Innogy, fügte Günther hinzu.
Ähnliche Gemengelage bei Fortum und Uniper wie bei Eon und Innogy denkbar
Tatsächlich könnte sich bei Fortum und Uniper eine ähnliche Gemengelage ergeben wie bei Eon und Innogy. Fortum hatte versprochen, dass es bis Ende kommenden Jahres keinen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geben werde. Damit kann Uniper mit dem früheren Thyssenkrupp-Manager Andreas Schierenbeck an der Spitze derzeit noch relativ frei agieren. Aber: „Was ab 2022 passiert, kann ich derzeit nicht sagen“, sagte Fortum-Chef Rauramo der „Rheinischen Post“ kürzlich zur Frage, ob die Finnen Uniper von der Börse nehmen wollen. Schierenbecks Vertrag läuft im Sommer 2022 aus. „Noch ist es aber zu früh, über eine Vertragsverlängerung zu reden“, sagte Rauramo dazu. „Das tun wir zu gegebener Zeit.“
Im Arbeitnehmerlager heißt es, man werde die Entwicklung „wachsam“ verfolgen. „Das wird ein spannendes kommendes Jahr“, sagt ein führender Arbeitnehmervertreter. Uniper beschäftigt insgesamt rund 11.500 Mitarbeiter, davon rund 5500 bundesweit und 2500 am Standort der Zentrale in Düsseldorf. Rauramo äußert sich ausweichend: „Welche genaue Rolle die Zentrale in Düsseldorf in der Zukunft spielen wird, das können wir derzeit noch nicht sagen.“