Essen. Aldi Nord kehrt zu seinen Wurzeln als Hard-Discounter zurück und verkauft Wein und Schokolade wieder aus Kartons heraus. Die Kunden wollen es so.

Gleich am Eingang stoßen die Kunden auf den Tisch mit den Sonderangeboten. Auch das derzeit besonders gefragte Toilettenpapier ist in Sichtweite. Edle Schokolade liegt in einem großen Karton auf der Holzpalette. Aldi Nord kehrt zu seinen Wurzeln zurück und will sich wieder auf seine Stärken als Hard-Discounter besinnen. Der Wein bleibt wieder im Karton.

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Vor drei Jahren hatte Aldi Nord ein Milliarden-Programm aufgelegt, um die angestaubten und dunklen Filialen zu modernisieren. Seither unterscheiden sich die Märkte von Supermärkten allein durch fehlende Bedientheken für Fleisch, Käse und Wurst. „Wir wollen wieder eine klarere Struktur und eine bessere Orientierung für die Kunden“, sagt nun Reinhard Giese, Geschäftsführer der Regionalgesellschaft Herten, die große Teile der Filialen im Ruhrgebiet steuert.

Der Strategieschwenk ist erstmals an einem besonderen Ort zu besichtigen. Im Essener Stadtteil Schonnebeck eröffnet am Donnerstag die „neue Verkaufsstelle Nr. 1“, die an die Stelle der allerersten Aldi-Filiale tritt. Die gut 500 Quadratmeter im Geburtshaus der Gründungsbrüder Karl und Theo Albrecht wenige Hundert Meter weiter hatte das Unternehmen Ende November geschlossen. An der Saatbruchstraße präsentiert Aldi Nord nun das brandneue Ladenkonzept, das nach Gieses Angaben bis zum Herbst 2021 auf alle anderen Märkte in Deutschland übertragen werden soll.

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„Früher wurden bei Aldi Entscheidungen oft aus dem Bauch heraus getroffen. Die wollen wir nun durch neue Erkenntnisse ergänzen“, erklärt der Geschäftsführer. Der Discounter hat ein eigenes Datenanalyse-Zentrum aufgebaut, das permanent Ergebnisse aus Umfragen unter Kunden und Mitarbeitern auswertet. Daraus zieht Aldi Nord jetzt erste Konsequenzen.

Aldi Nord will auf Querregale verzichten. Lars Heidrich / FUNKE Foto Services
Aldi Nord will auf Querregale verzichten. Lars Heidrich / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Schöne Holzkisten mit gelegten Weinflaschen haben trotz des großen Aufwands nicht den erwarteten Erfolg gebracht“, berichtet Giese. Wein und Spirituosen verkauft der Essener Discounter deshalb nun wieder aus den Sechser-Kartons heraus. Auch die Querregale, die vor drei Jahren der neueste Schrei waren, tauchen in der neuesten Filiale nicht mehr auf. „Damit sind die Kunden nicht zurecht gekommen“, sagt der Geschäftsführer. Als Konsequenz müssen die Kunden beim Einkauf nur noch geradeaus an den Regalen vorbei laufen. Rote Punkte an der Decke weisen auf die Sonderangebote hin. Die Zahl der Flächen für saisonale Aktionsware wurde auf sechs reduziert.

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Hinter dem neuen Konzept steckt eine klare Strategie: „Effizienz ist unser zweiter Vorname“, lacht Giese. Nicht nur die Kunden sollen rasch ihre Einkaufswagen füllen können. Auch die Mitarbeiter sollen es möglichst leicht haben, die Paletten aus dem Lager in den Laden zu hieven. „Jeder überflüssige Handgriff kostet Zeit und Geld“, meint Serra Schlesinger, Sprecherin von Aldi Nord.

In der Überarbeitung ist nicht nur das Layout der Märkte. Mit der Mülheimer Schwester Aldi Süd ist der Discounter auch dabei, die Eigenmarken aufeinander abzustimmen, die satte 90 Prozent des Sortiments ausmachen. „70 Prozent der Marken haben wir bereits harmonisiert“, erklärt Giese. Auch die in den letzten Jahren arg gewachsene Zahl der Artikel will Aldi Nord wieder leicht auf 1700 reduzieren.

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Auch wenn die beiden Discounter immer näher zusammenrücken, gemeinsam werben und einkaufen, wollen sich die Schwestern bei der Gestaltung ihrer Märkte Unterscheidbarkeit gönnen. Während Aldi Nord in Essen zur Funktionalität vergangener Jahre zurückkehrt, hat Aldi Süd in Mülheim unlängst die „größte Filiale der Welt“ mit dunklen Holztönen und edlem Fußboden eröffnet. „Bei der Entwicklung der Märkte sind wir nicht zwingend gleich unterwegs“, meint Nord-Geschäftsführer Giese.