Essen/Düsseldorf. Die SPD will den Einstieg von NRW durch einen Landtagsbeschluss herbeiführen. So soll eine Übernahme durch Liberty Steel verhindert werden.

Die SPD in NRW will den Einstieg des Staates bei Thyssenkrupp durch eine Entscheidung des Landtags herbeiführen. Für die Parlamentssitzung am 13. November bringe ihre Fraktion einen Antrag auf eine Landesbeteiligung an der Stahlsparte des Essener Traditionskonzerns ein, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Abgeordneten, Sarah Philipp, unserer Redaktion. Ziel sei eine Aufforderung des Parlaments an die Landesregierung, mindestens 25 Prozent am Unternehmenskapital der Thyssenkrupp-Stahlsparte zu erwerben. „Diese Landesbeteiligung wäre der Stabilitätsanker, der den Ausverkauf an fragwürdige Investoren und die dann vermutlich folgende negative Entwicklung verhindern soll“, heißt es in dem Antrag, der unserer Redaktion vorliegt.

Der vom britisch-indischen Unternehmer Sanjeev Gupta geführte Stahlkonzern Liberty Steel hatte vor wenigen Tagen Interesse an einer Übernahme des Thyssenkrupp-Traditionsgeschäfts gezeigt. In dem SPD-Antrag für den Landtag heißt es aber, das Unternehmen habe eine „fragwürdige Finanzierungs- und Expansionsstrategie“. Ein Teil- oder sogar Komplettverkauf von Thyssenkrupp Steel an Investoren wie Liberty Steel „könnte dramatische Einschnitte“ zur Folge haben, „etwa eine Zerschlagung, ausbleibende Investitionen oder einen Personal- und Kapazitätsabbau in NRW“.

IG Metall fordert vehement staatliche Beteiligung an Thyssenkrupp

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte schon vor Monaten hervorgehoben, die Stahlindustrie sei systemrelevant für Deutschland. Mitte Oktober demonstrierten Thyssenkrupp-Beschäftigte in Düsseldorf für einen Staatseinstieg. Als Redner bei der Kundgebung versprach Laschet Hilfe und betonte, Thyssenkrupp gehöre „zur DNA von Nordrhein-Westfalen“. Die IG Metall macht sich vehement für eine staatliche Beteiligung an Deutschlands größtem Stahlkonzern stark.

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Für den 11. Dezember ist ein virtuelles Spitzengespräch zur Stahlkrise geplant, an dem unter anderem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Ministerpräsident Laschet und die Chefs der größten deutschen Stahlkonzerne teilnehmen sollen.

Im Antrag der SPD-Fraktion für den Landtag wird darauf verwiesen, dass Thyssenkrupp noch mit weiteren möglichen privaten Investoren Gespräche führe. Eine rasche Lösung scheine allerdings nicht in Sicht zu sein, so die NRW-SPD. Chinesische und russische Stahl-Unternehmen seien „aus geopolitischen und strategischen Gesichtspunkten problematisch“. Der schwedische SSAB-Konzern wiederum arbeite „offenbar derzeit an einer Übernahme von Teilen von Tata Steel“.

„Stahlindustrie als Kern industrieller Wertschöpfungsketten in NRW“

Die SPD-Fraktion argumentiert auch mit der großen Bedeutung der Stahlindustrie für Arbeitsplätze an Rhein und Ruhr. In der NRW-Stahlindustrie seien 47.600 Menschen beschäftigt. Dies entspreche mehr als der Hälfte aller Stahl-Beschäftigten in Deutschland. Allein bei Thyssenkrupp Steel seien derzeit etwa 22.000 Menschen in NRW beschäftigt.

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„Das politische Ziel des Landes muss sein, eine moderne Stahlindustrie als Kern industrieller Wertschöpfungsketten in NRW in relevanter Größenordnung zu erhalten und mittelfristig zu modernisieren“, heißt es in dem Antrag. Aufgrund der Bedeutung des Stahls in der Automobilbranche, der Windenergie sowie für die Elektromobilität oder die Bau- und Verkehrsinfrastruktur sei eine „kurzfristige Stabilisierung“ von Thyssenkrupp Steel und „die mittelfristige Mitgestaltung der Unternehmensstrategie von strategischer Bedeutung für das Land NRW“. Die angestrebte Landesbeteiligung solle die Basis für eine Modernisierung der Thyssenkrupp-Stahlproduktion „auch unter Beteiligung weiterer privater oder öffentlicher Partner“ bilden.