Hagen. Weil sie schließen müssen, bieten viele Restaurants wieder Lieferdienste an. Der Dehoga befürchtet, dass das Engagement bestraft werden könnte.
Schon wieder muss Kerstin Scheufen-Hanke ihren Laden schließen. Die Gastronomin betreibt das schwedisch-westfälische Restaurant „Kerstins“ in Wetter. Und sie ist besorgt – so wie wohl der Großteil in ihrer Branche. Ihren Optimismus hat die Restaurant-Betreiberin aber nicht verloren: Wie schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr will sie für ihre Gäste dableiben und bietet einen Lieferservice an. Doch ausgerechnet der könnte ihr finanziell zum Verhängnis werden: Falls ihr deswegen erneut ein großer Teil der Soforthilfe gestrichen wird.
Gute Resonanz von Stammkunden
Ob das so kommen könnte, weiß auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) noch nicht. „Wir wünschen uns eine Lösung, die zusätzliches Engagement wie Lieferservice belohnt und nicht bestraft“, betont Thorsten Hellwig, Sprecher des Dehoga NRW.
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Die Details für die „Novemberhilfen“ sind tatsächlich noch nicht festgezurrt. „Wir werden sehr schnell weitere Details zu den umfangreichen weiteren Hilfsmaßnahmen vorstellen. Die Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck daran, die zusätzlichen Hilfen schnell, unbürokratisch und wirksam umzusetzen“, heißt es auf Anfrage dieser Zeitung aus dem Bundesfinanzministerium. Ein Sprecher verweist darauf, was Bundesfinanzminister Olaf Scholz bereits vergangene Woche versicherte: „Wir stehen Unternehmen, Selbstständigen und Beschäftigten zur Seite. Gerade die besonders gebeutelten Branchen werden wir mit aller Kraft unterstützen.“ Bei allem unbestrittenem Bemühen, sind die Coronahilfen allerdings in den vergangenen Monaten längst nicht so angekommen, wie es nötig gewesen wäre.
Lieferservice „purer Idealismus“
Für Gastronomen wie Kerstin Scheufen-Hanke bleibt also einiges im Unklaren. Die Soforthilfe, die die verlorenen Umsätze der Gastronomen zum Großteil auffangen soll, sei wahrscheinlich auch nicht die Rettung, vermutet sie. „Alles, was wir an Umsätzen im Frühjahr gemacht haben, wurde uns davon abgezogen. Das wird jetzt sicher wieder so sein“, befürchtet sie, dass Initiative nicht gefördert würde.
Gelohnt habe sich der Lieferservice in der Hinsicht jedenfalls nicht. „Wirtschaftlich gesehen wäre es wohl schlauer, ab jetzt einfach vier Wochen Betriebsferien zu machen“, sagt sie. Doch das komme nicht in Frage. Denn genauso wichtig sei, dass die Kunden einen nicht vergäßen, immerhin hätten schon viele Stammkunden ihre Unterstützung zugesichert. „Man macht das aus purem Idealismus. Wirtschaftlich gesehen arbeitet man gegen seine eigenen Interessen.“
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Den Lieferdienst habe sie seit März nie ganz eingestellt. Auch während der Öffnungsmonate konnten Kunden bei ihr am Wochenende bestellen, der Bedarf sei in dieser Zeit aber eher gering gewesen. Und auch während des ersten Lockdowns war das „ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt sie. Denn wer Essen nach Hause bestelle, greife eben meistens auf die etablierten und preisgünstigeren Anbieter zurück, wie Pizzerien und Imbisse, so ihr Eindruck. „Bei uns haben die Leute eher bestellt, wenn sie einen besonderen Abend verbringen wollten. Aber eben nicht so regelmäßig, wie man es bräuchte.“
Bedeutung nimmt zu
Die Hoffnung sei, dass sich das Konzept jetzt mehr etabliert haben könnte: „Vielleicht war das als Anlaufphase im Frühjahr gar nicht schlecht und wird jetzt besser“, sagt Scheufen-Hanke.
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Auch Dehoga-Sprecher Hellwig geht davon aus, „dass das Thema Liefer- und Abholservice an Bedeutung gewinnen wird.“ Das gilt vermutlich sogar über die Branche hinaus. Bereits während der ersten Lockdown-Phase im Frühjahr haben sich zahlreiche Angebote etabliert, wie die „Lieferplattform“ im Kreis Soest (siehe Infobox), bei der über 300 Unternehmen ihren Service in Zeiten beschränkter Einkaufsmöglichkeiten anbieten.
Welche Unternehmen liefern wo?
Im Kreis Soest sind auf der auch für Unternehmer kostenlosen Infoplattform „www.kreissoest-liefert.de“ über 300 Unternehmen vertreten, die einen Lieferdienst oder Abholservice anbieten. Wer beispielsweise als Nutzer eine Pizzeria in seinem Ort sucht, gibt einfach Pizza und den Ort ein und bekommt Kontaktdaten zum Lokal.
Ähnliche Angebote gibt es in ganz Südwestfalen: Etwa www.hagenliefert.de sowie Kommunen wie www.wenden-bringts.de und www.attendorn-liefert.de . Für die Kreise: www.ennepe-ruhr-liefert.de , www.dein-hsk.de (Hochsauerlandkreis), www.wir-kochen-weiter.de (Raum Siegen) und www.mk-liefert.de (Märkischer Kreis).