Hagen. Auf dem Weg zum Chefposten haben es Frauen immer noch schwer. Wie „frau“ das ändern kann, erklärt die Autorin Kerstin Plehwe.
Führungsetagen in Deutschland sind nach wie vor überwiegend Männerwelten. Daran hat auch das Gesetz „für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst“, das im Frühjahr 2015 im Bundestag beschlossen worden ist, wenig geändert. „Man wird nicht nach oben gebeten“, lautet die Erfahrung von Corinna Vieser, Personalchefin der Automotivesparte bei der weltweit agierenden Otto Fuchs GmbH aus Meinerzhagen.
Studie der Uni Witten/Herdecke
Die Erkenntnis spiegelt sich durchaus in den Statistiken zum Thema Frauen in Führung wider. Das Kompetenzzentrum Frau & Beruf Märkische Region hat in Zusammenarbeit mit der Universität Witten/Herdecke bei Frauen in Führungspositionen in eher kleineren und mittelgroßen Unternehmen Karrierewege abgefragt und in einer Studie die Ergebnisse zusammengefasst. Der Anlass: Der Anteil von Frauen in Führung sei unverändert gering.
Chefinnen interviewt
Für die Studie des Kompetenzzentrums und der Uni Witten führten Studierende unter fachlicher Beratung von Prof. Dr. Werner Vogd im Zeitraum zwischen August und November 2019 Interviews mit 18 ausgewählten Frauen durch.
Informationen zum Kompetenzzentrum, zur Studie und zum „Forum Führung“ gibt es unter www.agenturmark.de“
In der Märkischen Region will man ambitionierten Frauen mit dem vom Kompetenzzentrum initiierten „Forum Führung“ auf die Sprünge helfen. Und mit Veranstaltungen, wie jetzt eine in der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer organisiert wurde.
Rund 70 Chefinnen oder solche Frauen, die daran interessiert sein könnten, Karriere zu machen, ließen sich von der Autorin und Politikberaterin Kerstin Plehwe inspirieren und Tipps für eine erfolgreiche Strategie dorthin geben.
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Plehwe hat auf ihrem eigenen Karriereweg zahlreiche erfolgreiche, einflussreiche und prominente Frauen begleitet. Unter anderem die amtierende Bundeskanzlerin, die in vielerlei Hinsicht als Ausnahmerascheinung gelten darf. Schließlich hat sie sich im Haifischbecken des Politikbetriebs gegen alle Bissigkeiten von Mitbewerbern souverän durchgesetzt. Müßig zu betonen, dass hier nicht gegendert werden muss. „Was wusste Merkel auf dem Weg zur Kanzlerschaft, was Merz nicht wusste?“, fragt Plehwe, vielleicht um zu verdeutlichen, dass Frauen nicht immer zweiter Sieger sein müssen.
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Die Antwort auf die Merkel-Merz-Frage lässt sie offen, gibt dafür lieber eine Einschätzung zum aktuellen Politbetrieb ab. Die Expertin, die sich unter anderem mit Barack Obama und Hillary Clinton auf dem Weg zum höchsten Staatsamt in den USA beschäftigte (Von Hillary Clinton lernen, heißt aus Fehlern lernen), denkt: „Die Zeit von Friedrich Merz in der Politik ist vorbei.“ Ein anderes, spannendes Thema.
Die Tipps für eine Karriere, die Plehwe in den Raum wirft, erscheinen theoretisch simpel. Praktisch sind aber offenbar nach wie vor hohe Hürden. Zentrale Kernkompetenz laut Expertin: Selbstvertrauen. „Schau in dich selbst, nicht auf Vorbilder“, appelliert Plehwe gewissermaßen ans Auditorium.
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Dass daneben auch Visionäres, Mut, Durchhaltevermögen und gute Kommunikation zu den „Leadership-Qualitäten“ erfolgreicher Frauen zählen, stützt die Ergebnisse der Studie, die Sibylle Hüdepohl vom Kompetenzzentrums Märkische Region vorstellte. Letztlich spielten aber auch individuelle Faktoren eine große Rolle: „Nur wenn die Werte des Unternehmens mit den eigenen übereinstimmen, gelingt Karriere“, schlussfolgert die Expertin aus Hagen. Klingt plausibel, sollte aber eigentlich nicht nur für Frauen gelten – möglicherweise sind Männer an dieser Stelle etwas flexibler, wenn sie nach „oben“ schielen.
Bei Karriereknick gleichberechtigt
Tatsächlich liefert auch die 2019 von Studierenden der Universität Witten/Herdecke durchgeführte Studie keinen Masterplan für Frauen auf dem Weg zum Vorstandsposten. Immerhin zeigt sie aber Fallstricke und individuelle, praktische Lösungsansätze auf, wenn es beispielsweise darum geht, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen.
Eine entscheidende Verbesserung in puncto Vereinbarkeit haben dabei bislang weder Gesetze noch gut gemeinte Förderprogramme gebracht. „Wir brauchen eine Entstigmatisierung der Teilzeit, flexible Arbeitszeitmodelle und die Abkehr von der Präsenzpflicht“, findet Personalchefin Corinna Vieser. Forderungen, die in einem großen Unternehmen wie Otto Fuchs leichter umsetzbar sind als in kleineren. Beim Thema Teilzeit herrscht übrigens nach Ansicht der Expertinnen in gewisser Weise Gleichberechtigung. Teilzeitbeschäftigung bedeutet nämlich in der Regel immer noch einen Karriereknick – gleich, ob für Frauen oder Männer.