Essen. Die Stahlproduktion ist in der Corona-Krise eingebrochen. Bei Thyssenkrupp gibt es große Sorgen. Stahl-Betriebsratschef Nasikkol schlägt Alarm.

In der Corona-Krise ist die Stahlproduktion in Deutschland eingebrochen. Im Mai verzeichneten die Hersteller erneut einen heftigen Rückgang. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank die Stahlerzeugung Branchenangaben zufolge um 27 Prozent auf rund 2,56 Millionen Tonnen. Im April hatte es bereits einen Rückgang um 24 Prozent gegeben. Weniger als derzeit sei zuletzt während der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 produziert worden, erklärte die Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Auch Deutschlands größter Stahlkonzern Thyssenkrupp leidet schwer unter den Folgen der Coronavirus-Pandemie. Das Unternehmen mit großen Standorten in Duisburg, Bochum und Dortmund ist ähnlich wie die Konkurrenten Salzgitter oder Arcelor-Mittal in hohem Maße abhängig von Bestellungen der großen Autohersteller wie Daimler und Volkswagen.

„Die Stahlindustrie in Deutschland ist von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in besonderer Weise betroffen. Dies belegen die nun vorliegenden Produktionszahlen für die Monate April und Mai“, sagte Hans Jürgen Kerkhoff, der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, unserer Redaktion. „Das von der Bundesregierung vorgeschlagene Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket muss jetzt rasch umgesetzt werden, um die Nachfrage zu stabilisieren.“

„Schwerer Schlag für alle Stahlunternehmen in Deutschland“

In Deutschlands Stahlindustrie sind rund 85.000 Menschen direkt beschäftigt. Allein zur Stahlsparte von Thyssenkrupp gehören rund 28.000 Mitarbeiter, ein Großteil von ihnen hat den Job in NRW. In vielen Stahlwerken ist Kurzarbeit weit verbreitet. „Die Krise hat uns voll erwischt“, berichtet Tekin Nasikkol, der Betriebsratschef der Thyssenkrupp-Stahlsparte. Der Rückgang der Produktion sei „ein schwerer Schlag für alle Stahlunternehmen in Deutschland“. Mit der Stahlindustrie sei das „Rückgrat der deutschen Industrie“ stark angeschlagen.

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Im Konjunkturpaket der Bundesregierung gebe es zwar Impulse für „nachhaltige Themen“, sagte Nasikkol unserer Redaktion, er fügte aber hinzu: „Uns hätte ein Anreiz für Pkw mit moderner Verbrenner-Technik kurzfristig und ganz konkret in der jetzigen Krise schneller geholfen.“ Er sehe weiterhin die Politik gefordert, betonte Nasikkol. Um die notwendigen Investitionen für den Aufbau einer CO2-neutralen Stahlproduktion tätigen zu können, sei staatliche Hilfe notwendig.

Hersteller in Deutschland blicken besorgt auf Stahlimporte

„Uns bereitet Sorgen, dass Stahl aus China zu Tiefpreisen auf den europäischen Markt drängt“, erklärte Arcelor-Mittal-Manager Jens Loock. „Die Hersteller in Asien haben in den vergangenen Wochen trotz Corona weitgehend auf Hochtouren produziert.“

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Nasikkol sagte, eine zum Juli geplante Erhöhung von Importquoten in Europa führe dazu, dass der heimische Markt zusätzlich durch „weniger klimafreundlich produzierten Stahl unter Druck gesetzt“ werde. Auch Branchenpräsident Kerkhoff mahnte, die Stahlindustrie brauche „dringend Antworten auf die Frage, wie ein effektiver Schutz vor unfairem Wettbewerb im Außenhandel sichergestellt und die Transformation in Richtung CO2-Neutralität mit dem Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sinnvoll miteinander verbunden werden kann“.