Essen. Das LTE-Mobilfunknetz wird zehn Jahre und ist immer noch nicht fertig. Jetzt gibt es Hoffnung auf Ende der Funklöcher an Autobahnen und im ICE.

Telekom, Vodafone, Telefonica und E-Plus mussten tief in die Tasche greifen. Als am 20. Mai 2010 der Hammer des Auktionators für das neue und viel schnellere LTE-Mobilfunknetz fiel, standen 4,4 Milliarden Euro auf dem Preisschild. Doch bis Videospiele mit dem Phantasiewesen Pokemon auf den Smartphones und die ersten Videotelefonate möglich waren, sollte es noch eine Weile dauern. LTE kommt erst mit Verzögerung so richtig in Schwung.

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Gerhard Mack war dabei, als der Mobilfunk der Zukunft in die Gänge kam. Der Nachrichtentechnik-Ingenieur ist heute Technik-Chef beim Düsseldorfer Telekommunikationskonzern Vodafone. „Was wir uns heute kaum noch vorstellen können: Vor zehn Jahren kamen viele Menschen zuhause mit Zwei-Megabit-Leitungen im DSL-Netz zurecht“, sagt er heute im Gespräch mit unserer Redaktion. LTE sollte dafür in den ersten Jahren ein schneller Ersatz werden. „Es dauerte aber bis die Leute die hohen Bandbreiten wirklich nutzen wollten. Das hat den Ausbau ein wenig verzögert“, so Mack.

Zehnmal schneller als 3G

Doch mit der Vielzahl von Handy-Anwendungen wuchs dann doch die Nachfrage. „Vor fünf oder sechs Jahren, als Whatsapp und Videotelefonie unsere Telefone erreichten, brauchten wir alle dann deutlich mehr Daten und höhere Bandbreiten. Der Druck auf die Anbieter, die Netze auszubauen, wuchs“, erinnert sich der Vodafone-Manager selbstkritisch. „Heute ist unser LTE-Netz für 98,6 Prozent der Menschen verfügbar, zehnmal schneller als zu Beginn und verbraucht deutlich weniger Strom.“

Gerhard Mack, Geschäftsführer Technik & Commercial Operations, bei Vodafone Deutschland.
Gerhard Mack, Geschäftsführer Technik & Commercial Operations, bei Vodafone Deutschland. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

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Das reicht der strengen Bundesnetzagentur aber nicht. Denn die leidigen Funklöcher gibt es bis heute. Zuletzt im April dieses Jahres hat die Aufsichtsbehörde mahnend den Zeigefinger erhoben und die drei großen Netzbetreiber an die Auflagen erinnert, die an die Versteigerung der LTE-Frequenzen vor zehn Jahren geknüpft waren. „Wir wollen in den nächsten Monaten nachprüfbare Verbesserungen sehen, die sicherstellen, dass die Auflagen bis zum Jahresende vollständig erfüllt werden“, erklärte der Präsident der Regulierungsbehörde, Jochen Homann, barsch und fügte mahnend hinzu: „Das umfasst ausdrücklich auch, dass wir gegebenenfalls Zwangs- und Bußgelder verhängen.“

Bis Ende des Jahres 2019 sollten demnach 98 Prozent der deutschen Haushalte mit einer Download-Geschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgt sein, Autobahnen und ICE-Strecken sogar vollständig. Mit diesen Vorgaben will die Netzagentur vermeiden, dass ländliche Regionen vernachlässigt werden. Deutsche Telekom und Vodafone konnten Vollzug melden. In NRW wurden die Ziele sogar übererfüllt. Der drittgrößte Anbieter Telefónica/ O2 kam bundesweit indes nur auf gut 84 Prozent Abdeckung. Zu wenig. Das spanische Unternehmen gab sich reumütig: „Wir sind sicher, dass wir unseren Plan erfüllen werden“, hieß es im April bei Telefónica. „Es ist in unserem ureigenen Interesse, möglichst schnell weite Teile der Bevölkerung und Fläche mit Mobilfunk zu versorgen.“

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Auch wenn die beiden Riesen Telekom und Vodafone die Vorgaben weitgehend erfüllen, herrscht in den Konzernzentralen in Bonn und Düsseldorf nicht nur eitel Sonnenschein. „Mobilfunkausbau ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wir bauen bereits über unsere Verpflichtungen hinaus und könnten heute schon eine noch höhere LTE-Versorgung haben, wenn es nicht an vielen Orten so schwierig wäre, neue Antennenstandorte zu bekommen und Genehmigungen zu erhalten“, schimpft Telekom-Chef Mark Wössner. „Bürger, Politik und Industrie sind sich weitestgehend einig, dass Ausbauhemmnisse beseitigt werden müssen.“ Wössner wünscht sich „deutlich einfachere Verfahren, standardisierte Prozesse und eine größere gesellschaftliche Akzeptanz für den Bau von Mobilfunkmasten.“

Von den Problemen weiß auch Vodafone ein Lied zu singen. „Ja, wir müssen weiter aufholen. Noch immer gibt es zu viele Funklöcher. Die Gründe dafür sind vielfältig“, räumt Technikchef Mack ein. „Die Kosten, die bei den Frequenz-Auktionen immer wieder entstanden sind, sind zu hoch. Das Geld fehlt beim Ausbau“, sagt er und kommt wie Wössner gleich auf Akzeptanz-Probleme zu sprechen. „Es ist aber auch schwer, neue Standorte zu finden, an denen wir bauen dürfen. Die Eigentümer der Flächen und die Kommunen müssen mitspielen. Alle wollen Netz. Aber kaum jemand will eine Mobilfunkstation in der Nähe haben.“

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Dabei stecken die Konzerne Milliarden in das LTE-Netz, das auch in Zukunft gebraucht wird, obwohl die neue und noch viel schnellere Generation 5G bereits in den Startlöchern steht. Schwierig bleibt die Versorgung auf Autobahnen und entlang der ICE-Trassen, die für die Bundesnetzagentur Priorität hat.

Der Datenhunger wächst

„Es ist schwer, Grundstücke entlang der Autobahnen zu finden, um das Netz auch dort noch weiter auszubauen. Deshalb brechen gelegentlich immer noch Gespräche ab, wenn wir im Auto telefonieren“, schildert Mack. Um im kreisrunden Radius funken zu können, müsse alle 500 Meter ein Mast platziert werden.

Und auch beim Kampf gegen Funklöcher auf den ICE-Strecken mangelt es offensichtlich nicht am Investitionswillen der Telekommunikationskonzerne. Die Branche sei im „intensiven Austausch“ mit der Bahn, meint der Vodafone-Manager. „Technisch ist es sehr anspruchsvoll, mit dem Mobilfunksignal durch die bedampften Scheiben in den ICE hineinzukommen. Es gibt Versuche, die Scheiben auszutauschen und neue Repeater in die Züge einzubauen“, sagt Mack. Aber auch für den Schienenverkehr brauche man „Standorte direkt in der Nähe der Gleise“, um dort Masten zu bauen. „Ich glaube, hier sind wir auf einem guten Weg“, so Mack.

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Im kommenden Jahr will Vodafone das 3G-Netz abschalten. Es wird nur noch von sehr wenigen Kunden genutzt. Dann werden 4G, wie LTE eigentlich heißt, und 5G parallel funken. Technikchef Mack glaubt nicht, dass es wieder zehn Jahre dauern wird, bis eine neue Mobilfunk-Generation kommt. „Der Datenhunger der Menschen wächst jedes Jahr um 50 Prozent. Heute rauschen jede Sekunde 30 Gigabyte Daten durch unser Netz – so viel, wie in 20.000 Bücher hineinpassen“, sagt Mack. „Da müssen die Netze mithalten. Ich glaube die Entwicklungszyklen für neue Mobilfunkgenerationen werden künftig kürzer.“

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