Arnsberg. Bauernverbände in NRW fordern einen Erlass, um aus Schadwald Acker zu machen – und den gezielten Einsatz von Gift gegen Borkenkäfer.
Zwei Drittel aller Landwirte in Westfalen-Lippe sind zugleich auch Waldbauern. Der Forst ist „die Sparkasse für Notfälle“, sagt Markus Ahshoff. Gewesen. Jetzt verursachen seine 23,5 Hektar im Arnsberger Wald mehr Kosten als sie Zins abwerfen. Die Verzweiflung ist riesig. Der Markt kaputt. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband fordert deshalb von der Landesregierung Hilfe. Es geht nicht nur um finanzielle Förderung. „Wir erwarten einen Erlass, um Schadwald in Ackerfläche umwandeln zu können. Wie nach Kyrill“, konkretisiert WLV-Präsident Hubertus Beringmeier das dringende Anliegen: „Vor den Augen der Bauern zerfällt das Vermögen. Die Lasten kann man nicht dem Einzelnen überlassen.“
Die Umwandlung von Wald- in Ackerfläche ist nicht ohne weiteres erlaubt. Knapp gesagt, gibt es in NRW ein „Umbruchverbot“, um einen Kahlschlag zugunsten der Landwirtschaft zu vermeiden. Beringmeier ist dafür, die Situation regional zu betrachten.
20 Millionen Festmeter Schadholz in NRW
Im waldreichen Sauerland sieht es anders aus als im Münsterland. Angesichts der dramatischen Lage erhält der WLV-Präsident für die Umwandlungsidee sogar Schützenhilfe vom Waldbauernverband NRW. „In NRW haben wir 20 Millionen Festmeter Schadholz, rund 70.000 Fußballfelder groß ist die Fläche“, sagt Heidrun Buß-Schöne, Geschäftsführerin des Waldbauernverbandes NRW. Und der Höhepunkt der Schäden sei noch nicht erreicht.
Nach dem Drama Kyrill 2010 regelte ein Erlass, dass für einen Hektar in Acker- oder Grünland umgewandelten Wald lediglich 0,3 Hektar neuer Wald angelegt werden musste. So soll es jetzt wieder sein. So soll es die Landesregierung erlauben. Ein entsprechender Antrag des WLV sei in Vorbereitung.
Forst als „Sparkasse“
Im waldreichen Sauerland bewirtschaftet ein landwirtschaftlicher Betrieb durchschnittlich 17 Hektar Wald (Quelle: WLV).
Der Hof Ahshoff besteht seit 1780. Von den 23,5 Hektar Wald waren bisher 50% Nadelholz. Der Anteil hat sich bereits auf 36% reduziert.
Es eilt. Die Probleme sind vielfältig. „Mit Sturm Friederike 2018 fing die Misere an. Da ist viel Holz gefallen“, erinnert Ahshoff. Zur Katastrophe wuchs sich der Schaden durch die trockenen Sommer der vergangenen Jahre aus. „Wir befürchten, dass uns der ,Brotbaum’ Fichte komplett wegbricht“, sagt der Landwirt, der sich hauptsächlich mit Bullenmast beschäftigt.
Was die Forstbewirtschafter noch brauchen: Finanzierungshilfe für Zäune. Aufforstung ist teuer. Bis zur ersten Ernte nach rund 20 Jahren geschätzte 10.000 Euro pro Hektar, sagen Fachleute. Wenn dann Wild die Setzlinge frist, wird es bitter.
Nur Käfer interessieren sich für die Holzstapel im Wald
Außerdem: „Die Erlaubnis, zum gezielten Gifteinsatz“, sagt die Waldbauern-Geschäftsführerin und lässt aufhorchen. Es geht dabei um Randgebiete zwischen totem und noch gesundem Waldbestand in höheren Lagen ab 400 bis 500 Meter über Meeresspiegel. Der teure Einsatz von „Trinet“, Fangnetzen mit Insektizid wie sie im Staatswald genutzt würden, solle unterstützt werden. Außerdem gefordert: Die Erlaubnis, die „Polter“, also die massenhaft am Wegesrand aufgestapelten Holzstämme, besprühen zu dürfen. Dass die Stapel noch eine Weile im Wald liegen bleiben werden, schmeckt den Bewirtschaftern selbst am wenigsten. Allerdings gibt es derzeit außer den leidigen Borkenkäfern kaum jemanden, der sich dafür interessiert.