Hagen. An der Gastronomie sind die Auswirkungen der Corona-Krise auf den ersten Blick sichtbar. Das Insolvenzrisiko steigt täglich, sagt die SIHK.
Die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) drängt auf weitere Lockerungen in der Wirtschaft in den kommenden zwei Wochen. „Die Politik sollte Vertrauen in die Unternehmen und Ladenbesitzer setzen. Jeder weitere Tag des Shutdowns (Herunterfahren der Wirtschaft/Red.) bedroht die Unternehmen. Das Insolvenzrisiko gerade im Reise- und Gastgewerbe steigt von Tag zu Tag“, sagt SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat.
Schnellkredite sollen helfen
Laut einer aktuellen IHK-Umfrage von vergangener Woche ist die aktuelle Situation bereits für rund 25 Prozent der Unternehmen im Kammerbezirk existenzbedrohend. Dies betrifft nicht nur kleine Betriebe und Soloselbstständige, für die die Kammer fordert, dass die Soforthilfen auch für die eigenen Lebenshaltungskosten verwendet werden dürfen. Hier gibt es nach wie vor unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Bund und der Landesregierung. „Ein weiteres Instrument sind die neuen Schnellkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), für die der Staat 100 Prozent der Sicherung übernimmt. Das ist ein wichtiges Signal für viele Unternehmen, die ansonsten durch das Förderraster fallen würden, aber dringend auf Liquidität angewiesen sind. Sie könnten ab sofort über die Hausbanken beantragt werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Geruschkat.
Corona-Hotline der Kammer nur noch an Werktagen
Die SIHK informiert und berät ihre Mitglieder rund um die Corona-Krise über eine Telefonhotline.
Die Telefonnummer 02331/390-333 ist montags bis donnerstags von 8 bis 16.30 Uhr und freitags von 8 bis 15 Uhr besetzt. Der Bedarf scheint aktuell etwas nachzulassen. Die anfängliche Beratung zu Soforthilfen an Samstagen hat die Kammer wieder eingestellt.
Tatsächlich gehören Kultur- und Kreativwirtschaft, Gastronomie- und Hotelgewerbe sowie Tourismus zu den sehr stark vom Lockdown (Ausgangssperre/Red.) betroffenen Branchen. Weniger sichtbar, aber von den Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft noch bedrohlicherer Konsequenzen haben die Maßnahmen aber für Industrie- und Gewerbe in Südwestfalen. Aus dem SIHK-Kammerbezirk ist demnach der Märkische Kreis mit seinem hohen Anteil an produzierendem Gewerbe am stärksten betroffen von den Maßnahmen, die die Regierungen zum Gesundheitsschutz getroffen haben. Der hohe Industrialisierungsgrad war bislang Garant für sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze, etwa in der Metall- und Elektroindustrie oder der Stahl verarbeitenden Industrie inklusive Maschinen- und Anlagenbau – und dafür, dass Südwestfalen die stärkste Wirtschaftsregion in Nordrhein-Westfalen ist.
Hier finden Sie unsere interaktive NRW-Karte mit allen aktuellen Fallzahlen
„Der Druck auf die Unternehmen nimmt mit jedem Tag zu“, sagt SIHK-Präsident Ralf Stoffels. Mittlerweile seien Zuliefererketten unterbrochen. „Einige Betriebe bekommen bereits Zukaufteile aus dem Ausland nicht mehr, während der deutsche Mittelstand sich überwiegend sehr flexibel auf die Situation einstellt und Lieferketten im Rahmen der Möglichkeiten absichert.“ Länger als bis Ende Mai könnten viele Mittelständler diesen Zustand kaum verkraften. „Die ausgefallenen Umsätze werden überwiegend nicht wieder nachgeholt werden können. Viele Unternehmen brennen darauf, wieder zu starten – natürlich unter Beachtung der Abstands- und Hygiene-Vorschriften für die Gesundheit der Mitarbeiter“, so Stoffel.
Die große Angst des Mittelstands
„Wir zollen Politik und Verwaltung hohen Respekt für ihr Handeln in den vergangenen Wochen“, betonen Stoffels und Geruschkat. Eine klare Perspektive für die Wirtschaft sei nun aber dringend notwendig – ohne dass der Gesundheitsschutz vernachlässigt werde. Größere Unternehmen seien sicher eher in der Lage, eigene Hygienepläne zu erstellen. Kleinere bräuchten auch hier Hilfe, von der öffentlichen Hand, aber auch durch Beratung der Kammern. „Ein großer Mittelständler hat vor nichts mehr Angst, als dass Beschäftigte das Virus in den Betrieb tragen“, betont Stoffels (auch aufgrund eigener Anschauung) wie wichtig Vorsichtsmaßnahmen sind.
Den Ruf nach Unternehmenssteuersenkungen und einem Konjunkturprogramm für die Wirtschaft, sendet auch die SIHK Hagen dieser Tage in Richtung Berlin.