Duisburg. Mitten in der Corona-Krise stellt sich Duisburgs Hafen wieder auf mehr Lieferungen aus China ein, wie Unternehmenschef Erich Staake berichtet.
Während Europa noch tief in der Corona-Krise steckt, kommt China wieder auf Touren, wie Erich Staake, der Vorstandschef der Duisburger Hafen AG (Duisport), berichtet. Nach Rückgängen in den vergangenen Wochen hält Deutschlands größter Binnenhafen sogar schon zusätzliche Container-Abstellflächen für die erwarteten Lieferungen aus Asien bereit. „Die Chinesen haben das Coronavirus durch konsequentes Handeln augenscheinlich relativ schnell eindämmen können. Da können wir in Deutschland und Europa, aber insbesondere auch die USA, durchaus Anschauungsunterricht nehmen“, sagt Staake. Wie sich die Corona-Krise auf den Duisburger Hafen auswirkt und wo Kurzarbeit droht, erklärt Staake in unserem Interview. Hier lesen Sie das Gespräch im Wortlaut:
Herr Staake, gefährdet die Corona-Krise die Versorgung mit Konsumgütern, Industrieteilen oder Lebensmitteln in Deutschland?
Staake: Wir tun alles dafür, dass es nicht dazu kommt und bringen 100 Prozent Leistung. Wir haben frühzeitig damit begonnen, für den Hafen Krisenpläne zu entwickeln. Unsere Funktionsfähigkeit ist gewährleistet.
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Viele Waren, die über Duisburg in Deutschland verteilt werden, stammen aus China, wo die Corona-Epidemie begonnen hat. Kommen weniger Güter bei Ihnen an?
Staake: Im März haben wir deutliche Rückgänge gespürt, nicht nur bei den Warenströmen aus China, sondern auch aus anderen asiatischen Ländern wie Südkorea. Es sind weniger Schiffe unterwegs gewesen – und diejenigen, die ankamen, waren zum Teil nicht voll beladen. Etwa die Hälfte des Seeverkehrs mit China kam zwischenzeitlich zum Erliegen. Die Schiffe aus Asien sind ja meist sechs oder sieben Wochen unterwegs. Insofern spüren wir die Folgen dessen, was vor einigen Wochen in China passiert ist, mit einer gewissen Verzögerung. Ich gehe aber auch davon aus, dass das Geschäft schnell wieder anzieht und Nachholeffekte zu sehen sein werden.
Während Europa in der Krise steckt, kann China Stärke zeigen?
Staake: Die Chinesen haben das Coronavirus durch konsequentes Handeln augenscheinlich relativ schnell eindämmen können. Da können wir in Deutschland und Europa, aber insbesondere auch die USA, durchaus Anschauungsunterricht nehmen. Wir stellen fest: China als weltweit wichtigster Standort der Industrieproduktion kommt wieder auf Touren. Daher rechnen wir mit stark steigenden Volumina in der zweiten Aprilhälfte und halten zusätzliche Container-Abstellflächen bereit.
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Von China nach Duisburg gibt es auch eine Zugverbindung. Kann der Schienenverkehr in der Corona-Krise die Rückgänge bei der Seefracht ausgleichen?
Staake: Es ist zumindest ein Wert an sich, dass wir in der Krise auch auf diesem Weg mit China verbunden sind. Wie wichtig die Lieferkette ist, zeigt ja schon allein das Beispiel, dass in der Pharmaindustrie bestimmte Generika ausschließlich in China hergestellt werden. Mit dem Zug kommen die Güter deutlich schneller an als per Schiff.
Autobauer wie Daimler und VW haben ihre deutschen Werke wegen der Corona-Krise stillgelegt. Bekommt das auch der Hafen zu spüren, der als Drehscheibe für die Fahrzeugbauer fungiert?
Staake: Ja, hier verzeichnen wir starke Rückgänge. Die Menschen haben derzeit andere Sorgen als die Frage,
ob sie sich ein neues Auto kaufen wollen. Wie heftig eine unserer Schlüsselindustrien in Deutschland getroffen wird, hängt stark davon ab, wie lange die Corona-Krise anhält.
Müssen sich die Beschäftigten am Duisburger Hafen auf Kurzarbeit einstellen?
Staake: Für die meisten unserer Mitarbeiter ist Kurzarbeit aktuell kein Thema. Wir haben allerdings bestimmte Geschäftsbereiche, die besonders hart betroffen sind. Im Maschinenbau brechen die Aufträge weg. Einer unserer großen Kunden hat gerade ein Werk geschlossen. Das hinterlässt auch bei uns Spuren. Wir werden von Fall zu Fall entscheiden müssen. Generell gilt jetzt: Wir fahren auf Sicht, das geht derzeit nicht anders.
Auch im Zuge der Weltfinanzkrise 2008 und nach den Terroranschlägen im Jahr 2001 ist die Wirtschaft massiv eingebrochen. Sind diese Krisen mit der aktuellen Situation vergleichbar?
Staake: Die Situation, die wir aktuell gemeinsam erleben, ist für uns alle neu. Ich denke, die Auswirkungen der Corona-Krise werden im historischen Vergleich viel gravierender sein - und uns noch über Jahre beschäftigten. Generell ist es notwendig, dass wir gemeinsam und ohne Scheuklappen darüber nachdenken, wann und wie wir den Weg zurück in die Normalität finden können.