Essen. Kaufland und Edeka wollen 141 Real-Filialen übernehmen – deutlich weniger als angekündigt. Wie es für diese und die anderen Filialen weitergeht.
Für mehr als die Hälfte der 276 Real-Märkte zeichnet sich eine Zukunft unter einer neuen Eigentümerin ab: Man habe mit den Einzelhandelsketten Kaufland und Edeka „Verträge über die Übernahme von insgesamt 141 Real-Märkten geschlossen“, gab die russische Investorengruppe SCP Retail am Dienstagmittag bekannt. Sie sollen die dort beschäftigten Real-Mitarbeiter übernehmen. Für einen Großteil der insgesamt 34.000 Real-Mitarbeiter dauert die Ungewissheit weiter an.
Kaufland übernehme 88 und Edeka 53 Real-Märkte, teilte SCP mit. Mit seinem deutschen Immobilien-Partner x+bricks hatte SCP vor sechs Wochen einen Kaufvertrag für die Supermarktkette Real mit der bisherigen Muttergesellschaft Metro geschlossen. Darin hatte sich der Käufer verpflichtet, alle 34.000 Mitarbeiter vorerst zu übernehmen. Mit dem Vollzug der Transaktion wird im Sommer gerechnet, erst dann können die 141 Filialen an Kaufland und Edeka weitergereicht werden. Zudem muss das Bundeskartellamt noch zustimmen und wird für jeden Standort prüfen, ob der Wettbewerb vor Ort geschwächt wird.
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SCP will nur 50 Real-Märkte höchstens zwei Jahre lang selbst unter der Real-Flagge weiterführen. Rund 30 unrentable Filialen sollen geschlossen werden, die Aufgabe von sieben Standorten mit insgesamt 650 Beschäftigten wurden bereits bekannt gegeben. Insgesamt knapp 200 Märkte wollen die neuen Real-Besitzer weiterverkaufen, fehlen also nach dem Deal mit Edeka und Kaufland noch knapp 60. Damit sind deutlich mehr Märkte übrig als zunächst erhofft, denn Kaufland war ursprünglich an mehr als 100 Filialen interessiert, Edeka wollte gut 80 Märkte übernehmen. Womöglich fallen die Zahlen nun bereits im Vorgriff auf die Prüfungen durch die strengen deutschen Kartellwächter geringer aus.
SCP prüft für übrige Real-Filialen „alle Optionen“
SCP betonte, für die übrigen Real-Märkte würden nun „weiterhin alle Optionen geprüft. Hierzu gehören weitere Veräußerungen an Einzelhandelsunternehmen sowie die Aufteilung von Märkten in kleinere Flächen“. Das empfiehlt sich, weil die Real-Märkte sehr großflächig sind, nur Kaufland betreibt ein ähnliches Konzept, das Real „SB Warenhaus“ nennt.
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Da viele der weiterverkauften Märkte in angemieteten Immobilien sitzen, ist die Zustimmung der Eigentümer laut SCP eine weitere „wichtige Voraussetzung“ für den Vollzug des Geschäfts. Nach den notwendigen Zustimmungen sollen „die ersten Märkte ab dem vierten Quartal dieses Jahres“, also ab Oktober an Kaufland und Edeka übergehen. Über den Kaufpreis und andere Vertragsdetails haben die Vertragsparteien nach eigener Aussage „Stillschweigen vereinbart“.
Verdi bangt um 10.000 Arbeitsplätze bei Real
Die Gewerkschaft Verdi sieht die Zerschlagung der angeschlagenen Supermarkt-Kette äußerst kritisch. „Die Zukunft der Real–Beschäftigten liegt nach wie vor im Trüben. Immer noch ist unklar, wie es für sie weitergeht. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass sie nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger unserer Redaktion. Der Eigentümer müsse die Zukunft der Menschen tariflich absichern. „Dazu haben wir SCP aufgefordert und wir werden auch Kontakt zu den jetzt bekannten neuen Erwerbern aufnehmen“, sagte Nutzenberger.
Zuvor hatte sie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aufgefordert, einen Kahlschlag bei Real zu verhindern. „Wir erwarten Haltung. Abtauchen ist unangemessen“, sagte sie. Altmaier müsse den Wegfall von 10.000 Arbeitsplätzen bei Real verhindern.
Diese Zahl hatte der Betriebsrat Anfang des Jahres genannt, Metro-Chef Olaf Koch hatte sie seinerzeit zurückgewiesen. Allerdings ist er seine ungeliebte Kette nun los. Laut Betriebsrat arbeiten in jeder Filiale rund 120 Beschäftigte, bei 30 zu schließenden Märkten würden bereits 3600 Stellen wegfallen. Darüber hinaus sorgt sich die Arbeitnehmerseite darum, dass Käufer wie Edeka nicht annähernd so große Flächen benötigten – und entsprechend auch nicht alle Mitarbeiter einer Filiale.
SCP spricht von „Meilenstein“
Patrick Kaudewitz, Verwaltungsratschef von SCP Retail, sprach von einem „wichtigen Meilenstein zur erfolgreichen Umsetzung unseres Konzepts“. Man schaffe so für „die Hälfte der Real-Märkte und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Klarheit und Planbarkeit“. Grünes Licht aus Brüssel für die Übernahme der gesamten Real-Kette von Metro hatten die Russen bereits erhalten. Allerdings benötigt SCP nun für jeden Weiterverkauf von Real-Filialen an Konkurrenten die Zustimmung des Bundeskartellamts.
SCP hatte zuletzt bereits die Weichen für das neue Real-Management gestellt: Wenn der Verkauf von der Metro an die Russen im Sommer auch formal vollzogen ist, soll Bojan Luncer das Ruder übernehmen. Er gehörte zuletzt dem Vorstand des Discounters Lidl an. Die bisherigen Real-Geschäftsführer Henning Gieseke und Patrick Müller-Sarmiento sollen bis dahin weitermachen.