Essen. In der Corona-Krise hofft der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof auf Staatshilfe. Beschäftigte gehen in Kurzarbeit.
In der Essener Karstadt-Zentrale ist das Management krisenerprobt. Schon in der Vergangenheit hat sich der Warenhauskonzern in existenzbedrohlichen Situationen befunden. Entsprechend unaufgeregt sei die Stimmung nun, sagt ein Insider. Dabei geht die Corona-Krise an die Substanz des Unternehmens, das nach der Übernahme des Kölner Konkurrenten Kaufhof eine enorme Bedeutung für Deutschlands Innenstädte hat. „Unsere Filialen haben derzeit nicht mehr geöffnet“, heißt es nüchtern auf der Internet-Seite des Warenhauskonzerns. Es gebe allerdings einige Standorte, bei denen Kunden zumindest weiterhin Lebensmittel in den Galeria-Markthallen kaufen können. In ungeahntem Ausmaß brechen bei Karstadt und Kaufhof auf einen Schlag die Einnahmen weg, so wie bei anderen großen Einzelhändlern auch. Nun verdichten sich die Hinweise, dass der Konzern staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen will.
Die Lebensmittelzeitung berichtet, das Unternehmen habe Staatshilfen beantragt, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie abfedern zu können. Ein Großteil der Filialbeschäftigten befindet sich Insidern zufolge inzwischen in Kurzarbeit, bei der die Arbeit komplett eingestellt wurde. Ein Unternehmenssprecher wollte sich dazu auf Anfrage unserer Redaktion nicht äußern.
Handelsbranche ringt mit Gewerkschaft Verdi um Kurzarbeit
In Reihen der Gewerkschaft Verdi war unlängst die Sorge aufgekommen, dass Galeria Karstadt Kaufhof nach der Corona-Krise unrentable Warenhäuser schließen könnte. Beide Seiten haben zwar im Herbst einen Tarifvertrag abgeschlossen, der eine Garantie für Beschäftigte und Filialen bis Ende 2024 vorsieht. Es gibt aber Zweifel daran, dass der Vertrag auch im Falle einer Pandemie, die mit höherer Gewalt gleichzusetzen sei, seine Verbindlichkeit behalte. In dem Vertrag hat sich überdies Galeria-Eigentümer René Benko verpflichtet, bis zum Herbst 2020 rund 700 Millionen Investitionen für das Unternehmen bereitzustellen. Ob die Mittel angesichts des Shutdowns in Deutschland tatsächlich fließen werden, gilt als offen.
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In Gewerkschaftskreisen heißt es, es gebe derzeit etliche Händler, auch hoch profitable, die angesichts der Corona-Krise unter den Schutzschirm der Regierung wollten. Mit Blick auf die Welle von Kurzarbeit in der Branche forderte Verdi den Handelsverband HDE dazu auf, mit der Gewerkschaft schnellstmöglich eine tarifliche Regelung zum Kurzarbeitergeld abzuschließen und darin unter anderem eine branchenweite Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf 90 Prozent zu vereinbaren. Ansonsten drohten den Beschäftigten bei 60 oder 67 Prozent hohe finanzielle Einbußen.
Karstadt-Betriebsrat schickt Hilferuf an Kanzlerin Merkel
Vor wenigen Tagen hat sich bereits der Galeria-Betriebsrat mit einem Hilferuf an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Fraktionen des Deutschen Bundestages gewandt. „Das Geschäftsmodell unserer Warenhäuser ist darauf ausgelegt und zwingend angewiesen, täglich Einnahmen zu erzielen, um Löhne, Steuern, Abgaben und fällige Lieferanten- und Versorger-Rechnungen zahlen zu können“, schrieb Gesamtbetriebsratschef Jürgen Ettl.
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Die Geschäftsschließungen seien zwar eine „nachvollziehbar richtige Maßnahme zum Gesundheitsschutz der Gesellschaft“ so Ettl, gleichzeitig sehe er „den Fortbestand aller stationären Händler in Deutschland“ und damit 3,1 Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Allein bei Galeria Karstadt Kaufhof seien mehr als 30.000 Beschäftigte betroffen. Um die Gehälter der Beschäftigten zu sichern, bat der Betriebsrat unter anderem um staatliche Direktzahlungen. Darüber hinaus forderte er Bürgschaften ohne Eigenbeteiligung der bundeseigenen Förderbank KfW und die Stundung der für März und April fälligen Zahlungen an die Sozialversicherungsträger und Finanzbehörden. Zudem solle das Kurzarbeitergeld „am besten sofort“ ausgezahlt werden.
Weg für Staatshilfen und Beteiligungen geebnet
Ein KfW-Sprecher wollte die Frage, ob Karstadt Hilfen beantragt habe, am Abend nicht kommentieren. Die Anträge auf größere Summen haben sich in den vergangenen Tagen gehäuft, bis Freitag beantragten 443 Unternehmen Corona-Kredite über insgesamt 7,38 Milliarden Euro – davon entfielen 7,2 Milliarden allein auf zwölf beantragte Großkredite.
Die „Bazooka“ der Bundesregierung hält für Großunternehmen den „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ bereit. Für Kredite von bis zu 400 Milliarden Euro kann die Staatsbank KfW Bürgschaften übernehmen. 100 Milliarden Euro stehen für die Refinanzierung laufender KfW-Kredite zur Verfügung, weitere 100 Milliarden für direkte Staatsbeteiligungen. Um Staatshilfe gerufen haben bereits mehrere Konzerne, die KfW nennt jedoch keine Namen. Vor allem aus der Reisebranche und der Luftfahrt werden Hilferufe erwartet. Die Automobilindustrie hält sich zurück, scheut den Makel, vom Staat gerettet werden zu müssen. Als eines der ersten größeren Unternehmen erklärte der fränkische Automobilzulieferer Leoni offen, Staatshilfe zu benötigen.