Essen. . Das Kartellamt sieht im Onlinehandel ausreichend Wettbewerb für Karstadt/Kaufhof. Betriebsräte pochen auf Arbeitsplatzsicherheit.

Geht es nach dem Bundeskartellamt, können die Warenhauskonzerne Karstadt und Kaufhof fusionieren. Viele Fragen über die Elefantenhochzeit sind aber noch offen. Was wir wissen und was wir noch nicht wissen.

Warum gibt das Kartellamt die Fusion so schnell und ohne jegliche Auflagen frei?

Gegen das Zusammengehen von Karstadt und Kaufhof gebe es weder aus Sicht der Verbraucher noch aus der Perspektive der Hersteller „durchschlagende wettbewerbliche Bedenken“, teilte das Kartellamt am Freitag mit. Präsident Andreas Mundt räumt zwar ein, dass beide Partner „die einzigen bundesweit tätigen Warenhausbetreiber“ seien. „Aus wettbewerblicher Sicht gibt es aber keinen sogenannten Warenhausmarkt“, sagt Mundt. Das Internet sei inzwischen eine „wichtige Einkaufsalternative“.

In welchen Sortimenten sind die Warenhäuser besonders stark?

Der Untersuchung der Wettbewerbshüter zufolge sind es Koffer/Taschen, Wäsche, Spielwaren, Heimtextilien sowie Büro- und Schreibwaren. „Einige Hersteller haben die Sorge geäußert, dass die Unternehmen künftig über eine große Einkaufsmacht verfügen und daher auch Konditionsverbesserungen fordern könnten“, so das Kartellamt.

Kartellamts-Präsident Andreas Mundt.
Kartellamts-Präsident Andreas Mundt. © Marius Becker

Was bedeutet die Freigabe der Wettbewerbshüter?

Karstadt und Kaufhof können nun ihre am 11. September veröffentlichte Absicht verwirklichen und eine gemeinsame Holding gründen. Mit 50,01 Prozent soll die Karstadt-Mutter Signa Retail die Regie in dem Joint Venture haben. Die Kaufhof-Mutter HBC wird 49,99 Prozent der Anteile halten. Das Gemeinschaftsunternehmen ist aber noch nicht gegründet. Aus Konzernkreisen verlautet, dass das sogenannte „Closing“ Ende November über die Bühne gehen soll.

Was bedeutet die Fusion für Arbeitsplätze und Filialen?

Das ist völlig unklar. Von Signa gab es am Freitag keine Reaktion auf die Entscheidung des Kartellamts. Ein HBC-Sprecher sagte, der Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof sei „eine kluge und strategisch sinnvolle Entscheidung“. Zuletzt war darüber spekuliert worden, dass 3000 der 32.000 Stellen im gemeinsamen Unternehmen wegfallen könnten. Die unter hohem Wettbewerbsdruck stehenden Warenhausketten wollen dem Vernehmen nach insbesondere durch die Zusammenlegung von Verwaltung, IT und Logistik Spareffekte heben. Zuletzt hatte die Karstadt-Zentrale in Essen die besseren Chancen, Sitz der neuen Holding zu werden. Zur Schließung von Filialen in einem größeren Maße soll es offenbar nicht kommen, heißt es.

Was hält die Arbeitnehmerseite von der Warenhaus-Ehe?

Jürgen Ettl, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Karstadt, erwartet „Einbindung in alle Planungen und Entscheidungen“ und „kluge Lösungen zum Beispiel für Doppelstandorte“ der beiden Warenhausketten. „Die Fusion darf nicht zu Lasten der Arbeitnehmer gehen, denn die Beschäftigten von Karstadt haben Sicherheiten und eine positive Zukunftsperspektive verdient“, sagte Ettl.

Zuversichtlich zeigte sich auch Kaufhof-Betriebsrat Siegfried Fichna: „Eine erfolgreiche Zukunft der Kaufhäuser ist natürlich möglich – erfordert aber die Bereitschaft der Eigner zu Investitionen und die Einbeziehung der Kompetenz und Erfahrung der Beschäftigten bei der Neuausrichtung.“

Wie geht es jetzt weiter?

Die Gewerkschaft Verdi kündigte unmittelbar nach der Fusionsfreigabe durch das Kartellamt an, die Tarifkommissionen von Kaufhof und Karstadt zusammenzuholen. Für Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger steht außer Frage, dass „Standort- und Beschäftigungssicherung sowie die Anwendung der Flächentarifverträge hohe Priorität“ für sie habe. Nutzenberger: „Wir brauchen Investitionen in Arbeitsplätze statt permanenten Personalabbau.“ Dabei erhält Verdi Rückendeckung von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP): „Ich gehe davon aus, dass das Unternehmen die Belange der Mitarbeiter bei seinen Entscheidungen berücksichtigt. Darauf werden wir genau achten.“