Essen. IG Metall und Arbeitgeber in NRW erzielen Pilotabschluss. Keine Tariferhöhung, dafür Hilfen bei Härtefällen und für Kinderbetreuung.

Im Lichte der Corona-Pandemie haben sich die IG Metall und die Arbeitgeber in NRW auf einen schnellen Krisen-Tarifabschluss geeinigt, der nun Pilotcharakter für Deutschland haben dürfte. Gemeinsames Ziel ist, einigermaßen heil durch die Krise zu kommen und wie bereits in der Finanzkrise 2008/09 möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und Unternehmen vor dem Aus zu bewahren.

Kernelemente sind zum einen die Reaktivierung des bereits vor zehn Jahren bewährten Zukunftstarifvertrags (ZiA), der die Kosten der Unternehmen für die Phase der Kurzarbeit senkt, sie aber im Gegenzug dazu verpflichtet, niemanden zu entlassen. Hinzu kommen neue Regelungen für die aktuelle Krise mit Hilfen für die Beschäftigten etwa für die Kinderbetreuung und zur Abfederung der Einkommensverluste durch das Kurzarbeitergeld.

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Auf eine Tariferhöhung hat die Gewerkschaft wegen der Krise zunächst verzichtet. Der obligatorisch zur neuen Tarifrunde gekündigte Entgelt-Tarifvertrag wird dafür einfach wieder in Kraft gesetzt und gilt nun bis zum Jahresende weiter – ohne eine Erhöhung der Tabellenentgelte.

Der reaktivierte Tarifvertrag zur Kurzarbeit baut auf den staatlichen Hilfen für die Unternehmen auf, die sie auch von Sozialversicherungskosten entlasten. Die Beschäftigten tragen damit zunächst die Härten, weil ihr von der Arbeitsagentur gezahltes Kurzarbeitsgeld nur 60 oder 67 Prozent des Tariflohns für Eltern beträgt. Ihnen hilft die Streckung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes – die Sonderzahlungen werden gezwölftelt und monatlich ausgezahlt. Das erhöht der IG Metall zufolge das Monatsentgelt immerhin um elf Prozent und lindert damit die Einbußen während der Kurzarbeit.

Kurzarbeit durch Solidartopf auffangen

Der ergänzende „Solidartarifvertrag“ geht darüber hinaus, er soll soziale Härten bei Kurzarbeit durch einen betrieblichen „Solidartopf“ auffangen, der mit 350 Euro je Beschäftigtem gefüllt wird. In jedem Betrieb soll dann selbst entschieden werden, wer wann Geld aus diesem Topf erhält. „Das soll so solidarisch wie möglich geschehen“, sagte Knut Giesler, NRW-Chef der IG Metall, in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. In vielen Betrieben könnten etwa Bürojobs im Homeoffice weiter ausgeübt werden, während Produktionsmitarbeiter in Kurzarbeit gehen müssten. „Dann kann der einzelne auch mehr als 350 Euro erhalten und der andere weniger.“

Gelder, die nicht aus dem Topf abgerufen werden, sollen am Jahresende an alle Beschäftigten zu gleichen Teilen ausgezahlt werden. Oder, wenn es dem Unternehmen schlecht geht, im Betrieb bleiben. „Die Sozialpartner schauen dann in jedem Betrieb gemeinsam in die Zahlen und beantworten die Frage: Wem geht es schlechter – dem Betrieb oder seinen Mitarbeitern“, erläutert Metall-Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff. Ziel dieses Tarifwerkes sei es, dass „kein Unternehmen zum Amtsgericht gehen muss“ und sie zugleich niemanden entlassen müssten. „Der Fachkräftemangel ist schließlich noch da, deshalb soll keiner von Bord gehen“, so Kirchhoff.

Hilfen für die Kinderbetreuung

Bei Kinderbetreuungsengpässen im Zuge der Schul- und Kitaschließungen gibt es nun für Eltern von Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres die Möglichkeit, acht freie Tage statt des tariflichen Zusatzgeldes zu nehmen. Zusätzlich erhalten Beschäftigte im Jahr 2020 für die Betreuung von Kindern mindestens fünf freie Tagen ohne Anrechnung auf den Urlaub unter Weiterzahlung des Entgeltes.

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Man habe sich „unter dem Eindruck der unabsehbaren wirtschaftlichen Auswirkungen durch die rapide Ausbreitung des Corona-Virus auf einen Pilotabschluss für die Beschäftigten der deutschen Metall- und Elektroindustrie geeinigt“, teilte der Arbeitgeberverband Metall NRW am Freitagmorgen mit. Präsident Kirchhoff betonte, der Kompromiss habe das Ziel, in diesen schwierigen Zeiten Unternehmen nicht weiter zu belasten und Beschäftigte zu unterstützen. „In dieser außergewöhnlich schwierigen Situation bietet dieser Tarifabschluss unseren Unternehmen und unseren Beschäftigten wertvolle Planungssicherheit“, erklärte Kirchhoff.

Gewerkschafter Giesler sagte: „In dieser hochdynamischen Zeit war es wichtig, schnelle klare und einfache Lösungen für die Menschen zu schaffen. Hier haben wir uns handlungsfähig gezeigt. Jetzt steht fest: Es gibt Beschäftigungssicherung, Entgeltsicherheit und gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten.“