Ruhrgebiet. NRW beklagt fast 600 Infizierte und die ersten Corona-Toten. Doch es gibt auch die, die am Virus nicht erkranken und dennoch darunter leiden.
Das Coronavirus breitet sich aus, in NRW sind fast 600 Infizierte und die ersten Toten zu beklagen. Doch es gibt auch die, die nicht erkranken und trotzdem leiden. Das sind die wirtschaftlichen Verlierer der Gesundheitskrise:
Hoteliers, Gastronomen und Caterer
82 Prozent der Hoteliers, Gastronomen und Caterer in NRW verzeichnen Umsatzeinbußen wegen des Corona-Virus, im Schnitt sind es 33 Prozent seit Februar. Die Neubuchungen gingen bei 89 Prozent der Betriebe um durchschnittlich 41 Prozent zurück. Das ergab eine Blitzumfrage der Dehoga bei knapp 1700 Betrieben im NRW-Gastgewerbe. 955 Hoteliers und Gastronomen, die ihre Ausfälle bereits konkret bezifferten, entstand demnach ein Umsatzrückgang von rund 62 Millionen Euro. „Die Situation sei erschreckend krass“, so Dehoga-Sprecher Thorsten Hellwig. Bernd Niemeier, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes in NRW (Dehoga NRW) erklärte, ihm werde angesichts dieser Zahlen „Angst und Bang“, die Lage sei „schlicht verheerend“.
„In dieser Wucht, in dieser Dichte“ sei die aktuelle Krise des Gastgewerbes eine komplett neue, nie zuvor erlebte, so Hellwig. Zumal inzwischen längst nicht mehr nur die großen Messe-Standorte und Metropolen in NRW betroffen seien, sondern auch „alle Regionen zwischen Rhein und Weser“. Dass Gesundheitsminister Jens Spahn vor Reisen nach NRW gewarnt hatte, empfinde die Branche „als wenig hilfreich“, so Hellwig. „Die Gefährdungslage in NRW ist ja keine wesentlich andere als in Baden-Württemberg.“
Der Branchenverband fordert darum „unbürokratische, schnelle und effektive Hilfe“ seitens der Politik: Zinsgünstige Notfallkredite, eine Anhebung der Absicherung durch Bürgschaftsbanken von derzeit 1,25 auf zwei Millionen Euro, eine Verschiebung der Steuervorauszahlung sowie bezahlbare und leicht umsetzbare Kurzarbeiterregelungen gehörten unbedingt ins Maßnahmenpaket, erklärte Thorsten Hellwig. Darüber hinaus müsste endlich der Mehrwertsteuersatz für die Branche reduziert werden. In einer Situation wie der aktuellen sei es unverständlich, „dass Sie für das Schnitzel im Restaurant 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen, aber für das Schnitzelbrötchen beim Metzger nebenan nur sieben“.
Er sei „zuversichtlich“, so Hellwig, dass die Nöte der Branche in Düsseldorf und Berlin angekommen sind. Bliebe die Hilfe aber aus und das Virus aktiv, wäre das in seinen Augen „toxisch, der Super-Gau“.
Die Busunternehmer
„Verheerend“ nennt Christian Wahl, Referent Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) die Lage der Branche. Und das von jetzt auf gleich. „Bei uns geht es ja nicht darum, dass irgendwann einmal in den nächsten Wochen Lieferketten zusammenbrechen könnten. Wir merken das Virus sofort.“ Und zwar richtig. Eine ausgefallene Reise, so ist zu hören, schmälert den Umsatz – je nach Ziel – um 60.000 bis 80.000 Euro.
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So stark wie die Zahl der Stornierungen steigt, fällt die Zahl der Buchungen. „Viele Kunden wollen erst einmal abwarten, wie sich die Lage entwickelt“, hat Correia festgestellt.“ Die Nachfrage geht gegen Null.“ Und das zu einer Zeit, in der in normalen Jahren die Saison gerade Fahrt aufnimmt. „Bei den vielen mittelständischen Unternehmen haut Corona echt rein“, sagt Wahl. Umsatzrückgänge zwischen 70 und 80 Prozent, berichten NRW-Busunternehmer, seien eher die Regel, als die Ausnahme. Die Kosten aber bleiben. „Die Fahrer müssen ja weiter bezahlt werden“, sagt Correia.
Die Fitnessstudios
Von leer gefegten Fitnessstudios berichten etliche Leser. Wo man sonst seinen Slot fürs Spinning-Rad suchen muss, kann man derzeit durchtrainieren. Doch die Lage scheint nicht überall hoffnungslos zu sein, zumal Fitnessstudios sich ja nicht über Einzelbesuche finanzieren, sondern über Mitgliedschaften. „Augenscheinlich haben wir einen Rückgang, aber er ist nicht markant“, sagt Stephan Burkardt, Betriebsleiter von „Vita“ in Duisburg Kaiserberg. Zahlen für die erste Märzwoche kann er nicht nennen. „Im Februar jedenfalls gab es keinen Rückgang.“ „Wir haben ältere Teilnehmer, die nun aus Vorsicht zuhause bleiben, es ist aber nur ein geringer Prozentsatz.“
Die Kinobetreiber
„Naja, Bond ist verschoben“, sagt Bernhard Wilmer, Theaterleiter der Lichtburg. „Das ist der Blockbuster in diesem Jahr.“ Und viele andere Events in Deutschlands größtem Filmpalast sind ebenfalls abgesagt worden mit dem Verweis auf später – wobei die Entscheidung darüber immer beim jeweiligen Veranstalter liegt. Was die regulären Kinobesucher angeht, „kann ich ja nur die fragen, die kommen“, sagt Wilmer. Wieviel Zulauf zum Beispiel die Känguru-Chroniken ohne Corona-Krise hätten, bleibe Spekulation. Die Vorstellungen seien dennoch gut besucht.
Auch der Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF) teilt auf Anfrage mit: „Umsatzeinbußen auf Grund des Corona-Virus sind uns aktuell nicht bekannt“, so Vorstand Christine Berg. Aber Wilmer glaubt schon, dass in der Gesamtheit „etliche wegblieben – vor allem aus der Risikogruppe der Senioren, was ich auch nachvollziehen kann“. Der Kinobetrieb jedenfalls scheint nicht bedroht - solange James Bond das einzige prominente Opfer des Corona-Virus bleibt.
Die Einkaufszentren
Noch im Februar hatte man sich über ein Besucherplus im Essener Einkaufszentrum „Limbecker Platz“ gefreut, doch aktuell registriere man „einen Rückgang bei den Frequenzen“, bestätigte Center-Managerin Alexandra Wagner auf Anfrage. „Dass bestimmte Geschäfte gemieden oder verstärkt aufgesucht werden, können wir aber nicht feststellen.“ Dennoch sei der Betrieb nicht beeinträchtigt und „die Lage ruhig“. „Wir bekommen auch viel positives Feedback von unseren Besuchern und den Mietern zu den von uns umgesetzten präventiven Maßnahmen wie dem Aufstellen von Desinfektionsspendern oder den Verhaltensempfehlungen.
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Das Essener Einkaufszentrum hatte genau wie Unibail-Rodamco-Westfield (URW) – Betreiber von bundesweit 27 Shopping-Malls, darunter Centro Oberhausen, Ruhrpark Bochum und Düsseldorf Arcaden – bereits vor zwei, drei Wochen präventive Maßnahmen ergriffen: „Hochkontaktpunkte“ wie Türgriffe, Rolltreppenhandläufe oder digitale Info-Tafeln werden in Essen wie in den UWR-Einkaufszentren inzwischen häufiger und intensiver als vor der Corona-Krise gereinigt, Personal und Mitarbeiter wurden für die Situation „sensibilisiert“, zusätzliche Desinfektionsmittel geordert und bereitgestellt. „Es war ja abzusehen, dass das Virus nicht in China bleiben würde“, erläutert URW-Pressesprecher Dr. Julian Kalcher.
Was die Besucheranzahlen angeht, erkennt er dagegen allerdings „kein einheitliches Bild und schon gar keinen klaren Trend nach unten“. Blieben nach einer aktuellen, lokalen Corona-Meldung in den Medien in den darauf folgenden Tagen vor Ort die Besucher aus, stabilisiere sich die Situation meist schnell. Es sei, so Kalcher, „viel zu früh, um große Analysen anzustellen“.
Tatsächlich hätten einige UWR-Center wie etwa das Oberhausener Centro in den letzten Tagen sogar einen Besucherzuwachs verzeichnet. Die Geschäfte in den Innenstädten, so Kalcher, hätten „wohl mehr zu kämpfen“. „Die Kunden nehmen Einkaufszentren inzwischen offenbar als sauberen, geschützten Ort wahr.“