Hagen. Das Coronavirus bringt die Messebranche in große Schwierigkeiten. Für kleinere Messebauer aus dem Sauerland wird es irgendwann kritisch.

Das Coronavirus. Von jetzt auf gleich ist alles anders. Morgen soll in den Westfalenhallen der Signal-Iduna-Cup stattfinden. Ein Reitturnier, das bis zum Wochenende dauert. Unter welchen genauen Rahmenbedingungen, war bis gestern noch unklar. Der Hinweis, am Samstag wegen des Fußballbundesliga-Derbys BVB gegen Schalke rechtzeitig anzureisen? Obsolet. Vorfreude auf die Besucher starke Messe Creativa, die am 18. März in den Dortmunder Westfalenhallen den Frühling einläuten sollte? Eher nicht. Nach dem Landeserlass gilt auch in Dortmund – erst einmal bis Mitte April: Veranstaltungen, zu denen mehr als eintausend Besucher erwartet werden, sind abzusagen. Nicht nur für Fußball, sondern auch für Messen, Konzerte etc.

Ruhe statt Trubel an Messehallen

Wer vom Veranstaltungs- und Messegeschäft lebt, der gerät langsam in Schwierigkeiten. Die Branche rechnet mit einem Milliardenschaden (siehe Infobox). Die Tourismusmesse ITB in Berlin, die Leipziger Buchmesse – die Liste prestigeträchtiger Veranstaltungen, die kurzfristig abgesagt werden, wächst weiter. Die Hannovermesse ist auf den Juli verschoben worden. Die Internationale Handwerksmesse in München, die am Mittwoch beginnen sollte – abgesagt. Auch an den Standorten Düsseldorf, Köln und Frankfurt herrscht viel Ruhe statt Messetrubel. Das macht auch Unternehmen in Südwestfalen nervös.

Rund 10 Mio. Besucher

Der Verband der Deutschen Messewirtschaft (Auma) taxiert die Einbußen für die Gesamtwirtschaft durch die bislang abgesagten oder verschobenen Messen auf rund drei Milliarden Euro.

Jährlich finden in Deutschland zwischen 160 und 180 Messen mit etwa 180.000 Ausstellern und rund 10 Millionen Besuchern statt.

Der Beitrag zur Messewirtschaft von über 28 Milliarden Euro zur gesamten Wirtschaftsleistung in Deutschland könne laut Auma um rund zehn Prozent sinken.

„Wir spüren die Absagen schon deutlich“, sagt Daniel Dünschede, Geschäftsführer des Wickeder Traditions-Unternehmens Dünschede. Mit 17 Beschäftigten fertigt die Schreinerei überwiegend für den Messe- und Ladenbau. Kundenaufträge gingen durch Messeabsagen in den vergangenen Wochen verloren, wie etwa für die Light & Building (Frankfurt). „Es hängt jetzt auch davon ab, wie sich die Situation weiter entwickelt“, sagt Dünschede. Im April sollte eigentlich in Köln die Internationale Fitnessmesse FIBO starten, wo auch Kunden von Dünschede ausstellen wollten – verschoben auf Anfang Oktober, steht seit Dienstag fest.

Es hagelt Absagen

Im Wickeder Unternehmen werde bereits darüber nachgedacht, welche Auswirkungen ein längeres Auftragsloch durch „Corona“ auf die Beschäftigtensituation haben könnte. „Bis jetzt ist noch alles im vertretbaren Bereich. Es hängt nun davon ab, ob es noch ein Jahr so weitergeht“, sagt Dünschede.

Dass Messeverschiebungen die aktuellen Auftragsrückgänge wieder ausgleichen können, glaubt der Unternehmer nicht. Einige Aussteller dürften ganz auf den Auftritt verzichten – und damit eben auch auf den Messestand aus Wickede.

Für das Unternehmen Optimal-Messebau aus Menden entwickelt sich 2020 gar zu einem schwarzen Jahr. Der 12-Tonner und der 7,5-Tonner standen dieser Tage schon beladen vor der Halle, als wenige Stunden vor der Abfahrt die Absage eintrudelte: die Logistikmesse Logimat in Stuttgart - wegen des Coronavirus gestrichen.

Stefan Gemünd, Geschäftsführer von Optimal-Messebau in Menden, schüttelt den Kopf. Seit 34 Jahren leitet er das Unternehmen, aber eine derartige Krise hat er noch nicht erlebt. Eigentlich waren seine Auftragsbücher bis zum Frühjahr voll, jetzt hagelt es Absagen. Bisher fünf insgesamt. „Die Unsicherheit ist groß“, sagt Gemünd. „Mit Verschiebungen könnte man leben. Aber mit Absagen…“ Denn in seiner Branche sind gut 50 Prozent der Arbeit bereits erledigt, bevor die Messe beginnt. Heißt: Das Material ist bestellt, die Hotels sind gebucht, die Monteure verpflichtet.

Und die Einnahmen bei einer Absage? Null. „Auf Dauer ist das existenzgefährdend“, sagt Gemünd. Er fordert von der Politik Maßnahmen, die auch den kleinen Unternehmen wie Optimal-Messebau mit sieben Mitarbeitern aus der Patsche helfen könnten: „Wir wollen nichts geschenkt, aber eine Stundung beim Finanzamt und eine unbürokratische Gewährung von Übergangskrediten würden uns helfen.“