Gelsenkirchen/Düsseldorf. Wie kann die Chemieindustrie die CO2-Emissionen senken? Das wollen Konzerne wie BP, BASF und Total im Projekt „Cracker of the Future“ erforschen.
Es eine ungewöhnliche Kooperation großer Mineralöl- und Chemiekonzerne aus Europa: Die Branchenriesen BP, BASF, Borealis, Lyondell Basell, Sabic sowie Total wollen gemeinsam in Forschung und Entwicklung investieren, um die Umstellung ihrer Produktion auf Strom aus Erneuerbaren voranzutreiben. An dem Projekt „Cracker of the Future“ ist auch der BP-Raffineriestandort Gelsenkirchen beteiligt.
Ziel sei es, bei den sogenannten Crackern, die als Herzstücke der petrochemischen Produktion gelten, nach Möglichkeiten für niedrigere Treibhausgas-Emissionen zu suchen, sagt Stefanie Hansen vom Aral-Mutterkonzern BP Europa SE: „Durch den Austausch mit Partnern, die ähnliche Anlagen betreiben, erhoffen wir uns neue Ansätze für Technologien der Zukunft.“
„Reduzierung der CO2-Emissionen von bis zu 90 Prozent möglich“
Für das Aufspalten („Cracken“) von Rohbenzin durch Dampf werden hohe Temperaturen von rund 850 Grad Celsius benötigt, wie BASF-Sprecher Florian Tholey erläutert. Die notwendige Energie stamme derzeit aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas. „Könnte diese Energie zukünftig aus regenerativem Strom erzeugt werden, wäre eine deutliche Reduzierung der CO2-Emissionen von bis zu 90 Prozent möglich.“
In Crackern werden Basischemikalien wie Ethylen, Propylen oder Butadien hergestellt, die in vielen Branchen zum Einsatz kommen, unter anderem in Leichtbauteilen für Autos. Basischemikalien sind nach Angaben von BASF für rund 70 Prozent der Treibhausgasemissionen der Chemiebranche verantwortlich. Zugleich seien sie der unverzichtbare Startpunkt vieler Wertschöpfungsketten.
NRW-Wirtschaftsminister sieht Projekt als beispielhaft
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) lobt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der sechs Unternehmen. „Um die hohe Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhalten und Nordrhein-Westfalen gleichzeitig zu einem weitestgehend klimaneutralen Industriestandort weiterzuentwickeln, sind neue Produktionsprozesse und -verfahren notwendig“, sagt Pinkwart. „Was in der Chemie gelingt, strahlt positiv auf viele andere Teile der Wirtschaft aus.“
Das Werk von BP in Gelsenkirchen, in dem rund 2000 Beschäftigte arbeiten, ist ein wichtiger Grundstofflieferant für die Chemieindustrie insbesondere im nördlichen Ruhrgebiet.
Wie die Unternehmen das Projekt „Cracker of the Future“ finanziell ausstatten, blieb zunächst offen. „Im Konsortium wollen die Partner den Wissens- und Erfahrungsaustausch fördern, um gemeinsam grundlegend neue, CO2-arme Produktionstechnologien zu erforschen und gegebenenfalls zu entwickeln“, erklärt BASF-Sprecher Tholey. Es gehe dabei insbesondere um die Frage, wie man mit strombasieren Heizkonzepten die erforderlichen hohen Temperaturen erreichen kann. BASF ist mit dem Standort Antwerpen im Konsortium vertreten – nach Ludwigshafen das zweitgrößte Werk im Konzernverbund.