Duisburg. Die Industrie- und Handelskammern sehen die Lage der Ruhrwirtschaft gespalten. Sie warnen aber davor, eine Rezession herbeizureden.
Die Konjunktur trübt sich auch an Rhein und Ruhr ein. Das zeichnete sich bereits in der Frühjahrsumfrage der Industrie- und Handelskammern ab. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK Duisburg, Wesel, Kleve warnt im Gespräch mit Frank Meßing allerdings davor, eine Rezession herbeizureden.
Herr Dietzfelbinger, in welcher Verfassung ist die Ruhr-Wirtschaft?
Stefan Dietzfelbinger: Aktuelle Umfragezahlen veröffentlichen wir im Oktober. Aber natürlich haben wir als Industrie- und Handelskammern das Ohr am Pulsschlag der Unternehmen. Die Wirtschaft befindet sich in einer Kipp-Situation. In der exportabhängigen Industrie und in der Logistik ist ein deutlicher Abschwung festzustellen. Die Auftragseingänge und die Investitionsbereitschaft gehen zurück. Durch Handelskonflikte und neue Zölle häufen sich auch Absatzprobleme. Auf der anderen Seite brummt der Handel, und die Bauindustrie boomt wie nie.
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Teilen Sie die Sorge, dass Deutschland und dem Ruhrgebiet eine Rezession droht?
Wir befinden uns in einer kritischen Situation. Ich warne aber davor, eine Rezession herbeizureden. Nach acht Jahren Aufschwung in Folge ist es normal, dass sich die Konjunktur ein wenig abkühlt. Dennoch müssen wir auf der Hut sein und gegensteuern.
Wie kann eine Wirtschaftskrise verhindert werden?
Es ist an der Zeit, dass Politik die richtigen Impulse setzt. Deutsche Unternehmen zahlen weltweit die höchste Steuerquote. Eine große Steuerreform lässt aber auf sich warten. Und bei der geplanten Abschaffung des Solidaritätszuschlages sind die Unternehmen außen vor. Das ist der falsche Weg. Die Wirtschaft muss steuerlich entlastet werden. Das stärkt auch die Psychologie.
Dazu zeigt die Bundesregierung aber wenig Bereitschaft.
Das ist es ja nicht allein. Ich verstehe nicht, dass wir im Ruhrgebiet auch noch um Gewerbeflächen betteln müssen. Die Region droht abgehängt zu werden und wir müssen uns mit dem Regionalverband Ruhr um die Ausweisung dringend notwendiger Flächen streiten. Der Entwurf des Regionalplans nimmt nicht ansatzweise die Bedürfnisse der Wirtschaft auf. Die Region braucht deutlich mehr Flächen für Unternehmensansiedlungen und Wohnhäuser.
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Immerhin zeigt sich der Arbeitsmarkt im Revier stabil, obwohl sich das Wachstum verlangsamt.
Gott sei Dank sehen wir bei der Beschäftigung keinen Einbruch. Im Gegenteil ist der Fachkräftemangel das größte Problem der Ruhrwirtschaft. Den Kammern ist es zwar gelungen, mit der dualen Ausbildung gegen den demographischen Trend zu arbeiten. Denn jedes Jahr geht die Zahl der Jugendlichen, die eine Ausbildung beginnen könnten, um zwei Prozent zurück. Und dennoch könnten unsere Unternehmen deutlich mehr Fachkräfte einstellen als aktuell zur Verfügung stehen.