Essen. Evonik-Chef Kullmann klagt über marode Schleusen und macht Druck beim Bund. Betroffen ist der Chemiepark Marl mit 7000 Mitarbeitern.

Der Chef des Essener Chemiekonzerns Evonik, Christian Kullmann, sieht Handlungsbedarf bei Brücken, Straßen und Wasserwegen. „Die Infrastruktur ist teils in einem maladen Zustand“, sagte Kullmann im WAZ-Interview. „Viele Brücken, Straßen und Wasserwege müssen erneuert werden, damit wir als Industrie Wohlstand sichern und Arbeitsplätze schaffen können.“

Als Beispiel nannte Kullmann den Evonik-Standort Marl mit 7000 Mitarbeitern. Der Konzern investiere dort „mit hohem Aufwand in Spitzentechnologie“, betonte der Vorstandschef. „Zugleich sehen wir marode Schleusen, die jederzeit ausfallen können. Das passt nicht zusammen. Wenn wir unsere Schiffe, die Rohstoffe nach Marl bringen sollen, nicht voll beladen können, haben wir ein Problem.“ Kullmann forderte eine Lösung, um die Schleusen in Schuss zu bringen. „Falls es der Bund nicht schafft, springen wir notfalls auch als Unternehmen ein. Entscheidend ist, dass die Schleusen schnell repariert werden: Zeitverzögerungen kosten Geld.“

Evonik hat sich für „frostige Zeiten gewappnet“

Deutschland sei auch im weltweiten Maßstab nach wie vor ein attraktiver Standort, betonte Kullmann. „Wir müssen aber auch die Ärmel hochkrempeln und uns an der einen oder anderen Stelle verbessern.

Evonik beschäftigt rund 32.000 Mitarbeiter, 12.500 davon in NRW. In den kommenden Monaten erwartet Kullmann Auswirkungen einer sich abkühlenden Konjunktur. „Das Wachstum verlangsamt sich. Aus heutiger Sicht dürfte sich diese Entwicklung 2020 fortsetzen. Darauf müssen wir uns einstellen“, sagte er. „Wir haben uns frühzeitig für kühlere, ja frostige Zeiten gewappnet. Hektik oder Hysterie sind aber fehl am Platze. Wir müssen nicht jetzt erst anfangen, Pudelmützen oder Schals zu stricken.“

Vor einigen Monaten hatte der Konzern ein Sparprogramm und den Abbau von 1000 Arbeitsplätzen verkündet. „Mehr als die Hälfte der Stellen, die entfallen sollen, wollen wir bereits bis zum Jahresende abbauen – ohne betriebsbedingte Kündigungen, wie es unserer Unternehmenskultur entspricht“, sagte Kullmann. „Ich habe die starke Hoffnung, dass das bestehende Programm angesichts der konjunkturellen Entwicklung ausreicht. Grundsätzlich bin ich optimistisch. Sollte es im nächsten Jahr Backsteine regnen, wäre die Situation neu zu bewerten.“