Essen. Inzwischen machen 18.400 Kläger in den USA Glyphosat für ihren Krebs verantwortlich. Bayer-Chef Baumann zeigt sich erstmals offen für Vergleich.
Bayer-Chef Werner Baumann hat sich erstmals offen für einen Vergleich in der Glyphosat-Klagewelle in den USA gezeigt, wenn dieser bezahlbar und das Thema damit erledigt sei. Das sagte er am Dienstag in einer Analysten-Konferenz. Die umstrittene Übernahme von Monsanto wird für den Dax-Konzern zu einem immer größeren Risiko: Die Zahl der Klagen wegen vermuteter Krebserkrankungen durch das Unkrautmittel Glyphosat ist in den USA binnen drei Monaten um weitere 5000 gestiegen, wie der Leverkusener Konzern am Dienstag bekanntgab. Damit sind inzwischen 18.400 Klagen in Amerika anhängig. Grund für die ungebrochene Klagewelle dürften die Erfolge der ersten drei Kläger sein, die jeweils vor Geschworenengerichten Recht und Schadenersatz in Millionenhöhe zugesprochen bekamen.
Rechtsstreit müsse „endgültig beigelegt werden“
Bayer baut zwar nach wie darauf, in den nächsten Instanzen mit den Studien zur Unbedenklichkeit von Glyphosat die Berufsrichter eher zu überzeugen als bisher die Laien-Jurys. Doch zur Halbjahresbilanz betonte der Chemie- und Pharmakonzern erneut, man werde sich „konstruktiv in den Mediationsprozess einbringen, der von einem Bundesrichter in Kalifornien angeordnet wurde“. Dabei wird sich der New Yorker Staranwalt Kenneth Feinberg im Auftrag eines Richters, der hunderte Glyphosatklagen betreut, um einen Vergleich bemühen. Nun sagte Baumann vor Analysten, einen Vergleich werde das Unternehmen nur in Betracht ziehen, wenn dieser finanziell angemessen sei und damit der gesamte Rechtsstreit endgültig beigelegt werden könne. Bayer sei aber weiter entschlossen, sich zur Wehr zu setzen.
Monsanto bescherte Bayer neben der Klageflut zuletzt auch noch schwache Geschäfte: Weitläufige Überschwemmungen der Farmerstaaten im Mittleren Westen in diesem Frühling haben das Saatgutgeschäft in Nordamerika einbrechen lassen. Der Umsatz der durch Monsanto enorm vergrößerten Sparte „Crop Science“ sank im ersten Halbjahr bereinigt um knapp zehn Prozent. Nach gutem ersten Quartal belastete die Agrarchemie die Bilanz des Dax-Konzerns zur Jahresmitte damit spürbar. Der bereinigte Umsatz des Gesamtkonzerns wuchs nur noch um 0,9 Prozent auf 11,48 Milliarden Euro.
Gewinn halbiert, Umsatz stagniert
Das lag vor allem am nach wie vor starken Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten und an den deutlich verbesserten Zahlen der frei verkäuflichen Arzneimittel. Dass unterm Strich mit 404 Millionen Euro nur noch die Hälfte des Nettogewinns aus dem Vorjahreszeitraum übrig blieb, lag vor allem an den Integrationskosten bei Monsanto und den Sanierungskosten etwa durch Abfindungen beim laufenden Abbau von weltweit 12.000 Stellen. Um sämtliche Sondereinflüsse bereinigt, stieg der Betriebsgewinn (Ebitda) um 24,7 Prozent auf 2,93 Milliarden Euro. „Bayer ist operativ auf Kurs“, betonte Bayer-Chef Werner Baumann. Sein Problem bleiben freilich die Rechtsrisiken durch Monsanto. Und in deutlich kleinerem Maßstab durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln wegen möglicherweise zu später Warnungen vor Nebenwirkungen des Magenmittels Iberogast.