Essen. Im Streit um die betriebsbedingten Kündigungen bei der RAG bekommt die Unternehmensleitung Rückendeckung vom Betriebsrat.

Die geplanten Kündigungen des Bergbau-Unternehmens RAG stoßen beim Betriebsrat auf Verständnis. Natürlich tue es weh, knapp 200 Mitarbeitern betriebsbedingt zu kündigen, sagte die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Barbara Schlüter. „Aber alle Versuche über Jahre hinweg, diesen Kollegen eine Alternative anzubieten, scheiterten.“ Schlüter betonte, die RAG habe zahlreiche Instrumente entwickelt, um den Mitarbeitern zu helfen. So habe jeder Beschäftigte „seriöse Angebote“ erhalten. Zudem seien Jobbörsen und Vermittlungsgespräche angeboten, eine Transfergesellschaft ins Leben gerufen sowie Abfindungen berechnet worden.

Ende vergangenen Jahres ist die Förderung von Steinkohle in Deutschland eingestellt worden. Die Belegschaft der RAG soll in Zukunft erheblich kleiner werden. Ende 2018 waren Unternehmensangaben zufolge noch 3400 Menschen im Betrieb beschäftigt. Bis Ende 2019 soll die Zahl der Mitarbeiter auf weniger als 2200 sinken. Spätestens ab 2022 sind für die Tätigkeiten rund um die sogenannten Alt- und Ewigkeitslasten des Bergbaus nur noch 470 Arbeitsplätze eingeplant. Betriebsbedingte Kündigungen beim Stellenabbau galten indes im Steinkohlenbergbau jahrzehntelang als Tabu.

Betroffene haben Kündigungsschutzklagen eingereicht

Die RAG habe sich beim Arbeitsplatzabbau „diejenigen rausgepickt, die sie haben möchte“, bemängelte der Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann, der eigenen Angaben zufolge rund 140 Betroffene vertritt. Zahlreiche RAG-Beschäftigte hätten keine oder keine adäquaten Jobangebote erhalten, sagte der Jurist, der eine Reihe von Kündigungsschutzklagen auf den Weg gebracht hat. Erste Gerichtstermine in Gelsenkirchen stehen an.

Einige der Betroffenen demonstrierten unlängst in Düsseldorf. Vor dem Landtag trafen sie Vertreter der AfD, darunter der Essener Europaabgeordnete Guido Reil.

„Unangenehme Entscheidungen mittragen“

„Nichts, aber auch gar nichts, hat diese Kollegen dazu bewegen können, das Unternehmen zu verlassen“, sagte die RAG-Gesamtbetriebsratschefin Schlüter mit Blick auf die Beschäftigten, die eine betriebsbedingte Kündigung erhalten haben. „Stattdessen verlassen sie sich auf ihren Rechtsbeistand und neuerdings leider auch auf die politische Unterstützung von Parteien, die sich am Rande unserer demokratischen Werte bewegen. Das ist gefährlich. Sie verlassen damit den Solidarpakt, der uns über Jahrzehnte stark gemacht hat. Und sie gehen verantwortungslos mit ihrer eigenen und der Zukunft ihrer Familien um.“

Die RAG-Gesamtsbetriebsratsvorsitzende Barbara Schlüter (Bildmitte), hier bei einer Talkrunde Ende 2018 mit IGBCE-Chef Michael Vassiliadis, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen und RAG-Chef Peter Schrimpf.
Die RAG-Gesamtsbetriebsratsvorsitzende Barbara Schlüter (Bildmitte), hier bei einer Talkrunde Ende 2018 mit IGBCE-Chef Michael Vassiliadis, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen und RAG-Chef Peter Schrimpf. © Funke foto services | Vladimir Wegener

Die Montanmitbestimmung sei „nie nur das Durchsetzen von kurzfristigen und vordergründigen Erfolgen“ gewesen, sagte Schlüter, sondern „vielmehr von nachhaltigen Entwicklungen und Ergebnissen für die Belegschaft“. Dazu habe immer auch gehört, „dass wir unangenehme Entscheidungen mittragen mussten, um unsere Zukunft zu sichern“.

„Von Arbeit in Arbeit vermitteln“

Nur mit der „Geschlossenheit und Solidarität der Mannschaft“ habe überhaupt die Steinkohle-Förderung bis Ende 2018 erreicht werden können, betonte Schlüter. „Dabei haben wir uns natürlich stark gemacht für die Sozialverträglichkeit im Anpassungsprozess.“ Dazu habe auch immer gehört, Mitarbeiter „von Arbeit in Arbeit“ zu vermitteln. „Viele Kollegen haben dafür einige unangenehme Konsequenzen in Kauf genommen: weitere Anfahrtswege, komplett andere Tätigkeiten, geringeres Gehalt – dafür aber berufliche Perspektiven.“