Essen. Weil immer mehr Mobilfunkkunden Verträge online statt im Laden abschließen, strafft die Telekom ihr Filialnetz. Vodafone will 1400 Shops halten.
Wer einen der blauen, roten oder magentafarbenen Shops der großen Mobilfunkanbieter betritt, wird selten Platzangst bekommen. Zwischen den mit Smartphones, Handyschalen, Ladekabeln und Werbeprospekten behangenen Wänden verlieren sich meist nur wenige Kunden, der Verkäufer ist schnell zur Stelle. Die deutsche Telekom will daraus offenkundig Konsequenzen ziehen und einige ihrer Shops schließen. Vodafone erklärte dagegen auf Anfrage unserer Redaktion, das Filialnetz konstant halten zu wollen. Die Telefonica-Tochter O2 äußerte sich zunächst nicht.
Bundesweit gibt es derzeit noch rund 1000 reine Telekom-Shops, die je zur Hälfte von Franchisenehmern oder vom Bonner Dax-Konzern selbst betrieben werden. Von diesen 500 Läden wolle die Telekom 40 schließen, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Konzerninsider. Weit drastischer solle der damit verbundene Stellenabbau ausfallen – 1200 der 4500 Arbeitsplätze in den Shops sollten abgebaut werden.
Jedes Jahr 15 bis 20 Shops aufgegeben
„Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen“, hieß es dazu aus der Bonner Zentrale. Insbesondere zu den genannten Zahlen äußerte sich der Konzern nicht. Das Kundenverhalten ändere sich aber auch bei der Telekom, hieß es. Und weil die Frequenz im Einzelhandel sinke und gleichzeitig das Onlinegeschäft stark wachse, überprüfe man regelmäßig die Zahl der stationären Geschäfte. Seit 2014 seien jedes Jahr 15 bis 20 Shops geschlossen oder an Partner übergeben worden. Man werde „auf die stärkere Online-Affinität unserer Kunden reagieren“ und in den Online-Vertrieb investieren. Gleichzeitig werde man „die Zahl der Shops und Mitarbeiter konsequent an der Kundenfrequenz ausrichten“, kündigte das Unternehmen an. Dabei spiele auch eine Rolle, dass „die Verbesserung unserer Servicequalität für eine drastische Reduktion der Reklamationen und Service-Anliegen in den Shops“ sorge.
Vodafone, bei der Zahl der Mobilfunkkunden in Deutschland mit zuletzt knapp 48 Millionen Verträgen nach Angaben der Bundesnetzagentur Marktführer vor O2 und Telekom, hat nach eigenen Angaben sein Filialnetz „seit Jahren stabil“ gehalten. Es sei sogar ganz leicht auf inzwischen rund 1400 Läden ausgebaut worden, teilte ein Konzernsprecher mit. Und betonte: „Es gibt keinen Plan, das zu ändern.“ Es sei wichtig, in den Städten präsent zu bleiben. Das Unternehmen betreibt nur 200 Läden selbst, 1200 werden von Franchisenehmern betrieben. Vodafone-Vertriebschefin Claudia Bernath sagte unserer Zeitung: „Ich bin überzeugt davon, dass wir das Netz von Vodafone-Stores brauchen, um Kunden und Haushalte auch bei Zukunftsthemen wie 5G oder IoT (Internet der Dinge, Anm. der Red.) zu erreichen.“
Auch Banken, Sparkassen und Post schließen Filialen
Dass die Verbraucher immer mehr Finanzgeschäfte und Wareneinkäufe im Internet statt im Laden tätigen, hat in vielen Branche einen Rückzug aus der Fläche zur Folge. Die Banken und Sparkassen haben ihre Filialnetze in den Städten ebenso ausgedünnt wie die Post, Krankenkassen und Versicherer. Weit und branchenübergreifend verbreitet ist auch die Tendenz, das eigene Filialgeschäft an externe Dienstleister auszulagern. Das praktiziert nicht nur die Post mit ihren vielen Shops in Kiosken, Tabak- und Blumenläden, sondern auch die Paketdienstbranche und ebenfalls die Mobilfunkanbieter. Über die reinen Telekom-, Vodafone- und O2-Läden hinaus lassen die Anbieter ihre Produkte auch von Partnern in markenübergreifenden Shops und in Elektronikmärkten vertreiben.
Gleichzeitig gibt es kleine Gegentendenzen bisher reiner Onlinehändler, die verstärkt die Präsenz im Einzelhandel suchen. Weltmarktführer Amazon hat etwa mit kurzzeitig in Einkaufscentern geöffneten Popup-Stores experimentiert. Amazon und Zalando suchen zudem Partner im Einzelhandel, bei denen ihre im Internet bestellten Waren abgeholt werden können. Auf derlei Kooperationen setzt etwa die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof.