Essen. . RWE-Chef Rolf Martin Schmitz äußert Verständnis für Fridays for Future, verteidigt aber die Kohlekraftwerke und betont, wie grün RWE bald werde.

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz ist Kritik, Ablehnung und Widerstand gewohnt. Diesmal darf es etwas mehr von allem sein – vor und auch in der Hauptversammlung von RWE. Die Schülerproteste der Bewegung Fridays for Future finden weitgehend draußen statt, doch Schmitz bekommt sie auch in der Grugahalle zu spüren, lobt das Engagement der jungen Menschen grundsätzlich, um ihnen gleich zu entgegnen: „Kein Unternehmen setzt so konsequent auf Umbau wie RWE.“

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Der Essener Konzern gilt den Demonstranten als einer der Hauptschuldigen für den Klimawandel. Die Kohlekraftwerke stoßen besonders viel Kohlendioxid aus, insbesondere die Braunkohleblöcke im Rheinland. Deshalb plant die Bundesregierung das Ende der Verstromung von Braun- und Steinkohle bis 2038. Die Forderung der Schüler, bis 2030 alle Kraftwerke abzuschalten, lehnt Schmitz entschieden ab. „Ein Wettbewerb um die radikalste Forderung oder das weitreichendste Verbot schadet mehr, als dass es nützt“, ruft er.

RWE stehe zu den Klimazielen und werde keine neuen Kohlekraftwerke mehr bauen. Ob die Energiewende gelinge, hänge aber nicht vom Kohleausstieg ab, sondern vom Ausbau der erneuerbaren Energien und vor allem der Netze. „Für die Umweltverbände wird gerade der Netzausbau zum Lackmustest. Wer den Umstieg will, kann nicht überall gegen alles sein.“ Sie sollten deshalb ihre Klagen gegen Stromtrassen zurückziehen.

Die Stromproduktion sei noch immer sehr CO2-intensiv, das „müssen und werden wir ändern“, verspricht Schmitz. Aber man müsse auch das Machbare im Auge behalten, sprich dafür sorgen, dass der Strom immer fließt. Das sei absehbar noch nicht ohne Kohlestrom möglich. Auch dürften „weder die Beschäftigten noch die Aktionäre die Leidtragenden“ dieses staatlichen Eingriffs in das Privatunternehmen RWE sein.

Luisa Neubauer, Sprecherin von Fridays for Future, kritisiert auf der RWE-Hauptversammlung die Klimapolitik des Dax-Konzerns unter großem Applaus.
Luisa Neubauer, Sprecherin von Fridays for Future, kritisiert auf der RWE-Hauptversammlung die Klimapolitik des Dax-Konzerns unter großem Applaus. © Wolfgang Rattay, rtr

Der Konzernchef hebt die neuen Windkraft-, Solar- und Biomasse-Projekte hervor. In den Niederlanden rüste RWE seine beiden Steinkohlekraftwerke in Amer und Eemshaven schrittweise auf Biomasse um. Doch dass RWE „vom Saulus zum Paulus der Energiewende“ werde, wie mehrere Aktionärsvertreter in ihren Reden sagen, nimmt dem Konzern in der Grugahalle hörbar nicht jeder ab. Den lautesten Applaus erhält Luisa Neubauer von Fridays for Future, als sie RWE für „das Klimachaos“ verantwortlich macht und ruft: „Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr unsere Zukunft klaut.“

Den größten Wandel und den größten Schub für den grünen Strom soll der geplante Verkauf der RWE-Tochter Innogy an den Rivalen Eon mit sich bringen. Denn Eon übernimmt nur Netze und Vertrieb und reicht die Innogy-Ökostromsparte mitsamt seiner eigenen an RWE weiter. Damit wird Eon zum reinen Stromlieferanten und RWE zum reinen Erzeuger. Dann allerdings mit einem deutlich gewachsenen Anteil erneuerbarer Energien. „Das gibt unserem Unternehmen eine hervorragende Zukunftsperspektive“, sagt Schmitz. Schon in einem Jahr werde RWE kaum wiederzuerkennen sein. Dann soll der Deal mit dem Nachbarn Eon abgeschlossen sein. Noch fehlt für die Übernahme der Netze und vor allem des Vertriebs von Innogy durch Eon grünes Licht von den Wettbewerbshütern aus Brüssel.

„Der Dinosaurier RWE hat die Eiszeit überlebt“

„Der Dinosaurier RWE hat die Eiszeit überlebt und wird zum Global Player bei den erneuerbaren Energien“, lobt Thomas Deser von Union Investment. Allerdings nicht unbedingt mit Blick auf Bilanz und Dividende, denn: „Die Zeit der Pioniergewinne bei den Erneuerbaren ist vorbei.“ RWE solle bei den globalen Wachstumsambitionen in diesem stark umkämpften Feld vorsichtig sein und sich nicht überheben.

Ernst Gerlach, Sprecher der kommunalen Aktionäre, sagt, er sei von der neuen Struktur „sehr überzeugt“, sie werde das Unternehmen rentabler machen. Die Fokussierung auf regenerative Stromerzeugung sei richtig, das Umsteuern eröffne RWE neue Zukunftsperspektiven. Deshalb begrüßten die Kommunen auch, dass RWE erklärt habe, keine neuen Kohlekraftwerke mehr zu bauen. „Hier Lob zu bekommen, das ist auch mal schön“, sagt später RWE-Chef Schmitz.