An Rhein und Ruhr. . In NRW steigt die Zahl der Beschäftigten in der Paketbranche überproportional. Es bildet sich eine breite Front für bessere Arbeitsbedingungen.

In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der geringfügig Beschäftigten in der Paket-Branche in den vergangenen zehn Jahren deutlicher angestiegen als im Bundesdurchschnitt, ebenso die Gesamtzahl der Beschäftigten.

Die Linkspartei kritisiert, dass ausgerechnet eine Branche in NRW besonders schnell wachse, in der das mittlere Bruttojahreseinkommen in den vergangenen zehn Jahren gesunken ist. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi spricht von einer „bitteren Entwicklung“.

38,5 Prozent mehr geringfügig Beschäftigte

Konkret haben in NRW in der Paket-Branche 2017 rund 94.000 Menschen gearbeitet. Das waren rund 26.000 mehr als zehn Jahre zuvor, ein Anstieg um 38,5 Prozent. Bundesweit ist die Zahl der Beschäftigten in der Branche zwar auch gewachsen, aber mit 24,1 Prozent deutlich geringer als an Rhein und Ruhr.

Zugleich stieg die Zahl der geringfügig Beschäftigten in NRW doppelt so stark wie im Bundesschnitt, nämlich um über 30 Prozent von rund 21.800 auf rund 28.700.

Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor.

Arbeitsministerium: Anstieg nicht verwunderlich

Für das Landesarbeitsministerium ist der Anstieg „nicht verwunderlich“. In Nordrhein-Westfalen drängten verstärkt Firmen wie Amazon oder Zalando mit eigenen Verteilstrukturen in den Markt.

„Diese Strukturen werden aber nur in Ballungsräumen aufgebaut. In NRW ist der Bedarf naturgemäß besonders hoch“, so ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion. Gleichzeitig seien in den Ballungsräumen in NRW immer mehr kleine Kurierdienste tätig.

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Diesen neuen Anbietern sei gemeinsam, dass sie in hohem Maße mit geringfügig Beschäftigten arbeiten. Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht die Entwicklung kritisch. „Deshalb werde ich die Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, nutzen, um zu besseren Arbeitsbedingungen bei den Paketdiensten zu kommen.“

Teile der Paketzustellbranche stehen seit geraumer Zeit in der Kritik. Einigen Paketdiensten wird von Verdi vorgeworfen, Subunternehmen anzuheuern, die ihrerseits Subunternehmen engagieren, die ihren oft osteuropäischen Zustellern Löhne weit unter Mindestlohn bezahlten.

Linkspartei: NRW muss gegensteuern

Für die oftmals prekären Bedingungen in der Branche spricht, dass der mittlere Bruttolohn in den vergangenen zehn Jahren um 15,4 Prozent gesunken ist, während gleichzeitig die Beschäftigungszahlen deutlich angestiegen sind.

Matthias W. Birkwald, Kölner Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, sagte unserer Redaktion, für NRW sei ein „Gegensteuern besonders dringlich, damit das Land im Strukturwandel nicht noch mehr den Anschluss an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung verliert“. Im Fokus müsse vor allem die Tarifbindung stehen. In den tarifgebundenen Unternehmen der Branche verdienen die Beschäftigten deutlich mehr als in tarifungebundenen.

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Der beim Landesverband von Verdi zuständige Tarifsekretär Hermann Völlings bezeichnet die Entwicklung in NRW als „bitter“, weil „die Wachstumsentwicklung in der Branche bei vielen Beschäftigten nicht zu einem gedeihlichen Einkommen“ führe.

Einsatz für die Haftung von Unternehmen

Völlings erneuerte die Forderung seiner Gewerkschaft nach einer sogenannten Nachunternehmerhaftung, bei der der eigentliche Auftraggeber für die korrekten Arbeitsbedingungen bei seinen Subunternehmern verantwortlich gemacht werden kann.

Für die hat sich auch NRW-Arbeitsminister Laumann im Bundesrat eingesetzt. „Durch sie schaffen wir zumindest faire Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen, die gute und auskömmliche Arbeitsbedingungen im Paketgewerbe schaffen“, sagte der Christdemokrat unserer Redaktion. „Zudem dämmen wir Wildwuchs von Arbeitsverhältnissen ein, die meiner Überzeugung nach dem Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft widersprechen.“