Berlin. . Die von Regierung eingesetzte Kohle-Kommission könnte am Freitag wegweisende Entscheidungen treffen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Der Atomausstieg ist lange beschlossen - jetzt will Deutschland auch aus dem Kohlestrom raus. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission könnte am Freitag wegweisende Entscheidungen treffen. Nicht nur die Kumpel in den Braunkohle-Revieren blicken mit Spannung nach Berlin. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Warum soll es überhaupt einen Kohleausstieg geben?

Vielen Verbrauchern dürfte es ziemlich egal sein, woher ihr Strom kommt. Dem Klima allerdings nicht. Zwar gibt es in Deutschland immer mehr Öko-Strom aus Wind oder Sonne. Aber immer noch wird mehr als ein Drittel des Stroms aus Braunkohle- und Steinkohlekraftwerken erzeugt. Diese haben jedoch einen großen Anteil am Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgasemissionen. Deutschland will seinen Treibhausgas-Ausstoß aber bis 2030 um 55 Prozent senken, bis 2050 um 80 bis 95 Prozent. Um diese Klimaschutzziele zu erreichen, müssen Kohlekraftwerke vom Netz gehen - und zwar schneller als bisher geplant.

Warum braucht es dafür eine Kommission?

Weil die Politik hofft, so einen breiten gesellschaftlichen Konsens herzustellen, den Klimaschützer und Kohlekumpel gleichermaßen akzeptieren. Im Sommer 2018 setzte sie die unabhängige Kommission «Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung» ein mit 28 stimmberechtigten Mitglieder - Vertreter von Industrie- und Energieverbänden, Gewerkschaften, Umweltverbänden, Bürgerinitiativen und Klimaforschern. Deren Empfehlung soll Vorlage für die Politik sein. Für Beschlüsse ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Je größer der Konsens, desto schwieriger dürfte es für die Politik werden, hinter den Ergebnissen des Gremiums zurück zu bleiben.

Was genau soll die Kommission machen?

Sie soll Wege aufzeigen, wie die Klimaschutzziele erreicht werden können, wie der schrittweise Ausstieg aus der Kohle aussehen kann. Genannt werden soll auch ein konkretes finales «Ausstiegsdatum». Außerdem geht es darum, wie der Strukturwandel in den Kohleregionen gelingen kann. Vor allem in der Lausitz, dem Mitteldeutschen sowie Rheinischen Revier sind noch tausende Jobs von der Kohle abhängig.

Was liegt bisher auf dem Tisch?

Der Entwurf eines Konzepts lieg vor. Klar ist: Der Kohleausstieg dürfte die Steuerzahler Milliarden kosten. Im Entwurf sind Sorgen der Industrie, der Gewerkschaften und der Kohle-Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Nordrhein-Westfalen angesprochen. Es soll Entlastungen für Verbraucher und Unternehmen geben, falls Strompreise steigen. Kraftwerksbetreiber sollen entschädigt werden. Für den Strukturwandel sind viele Maßnahmen für neue Jobs skizziert, etwa die Ansiedlung von Behörden und Einrichtungen. Die Infrastruktur soll besser werden, Anreize sollen private Unternehmen anlocken.

Was sind die strittigen Punkte?

Vor allem der konkreten Abschaltplan: In welchen Zeiträumen sollen Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke abgeschaltet werden - wieviel Leistung, also Gigawatt, an Kohlestrom soll wann aus dem Netz? Wie viel CO2 darf der Sektor in welchem Jahr noch ausstoßen? Und bis wann soll Deutschland endgültig ohne Kohlestrom auskommen? Umweltverbände wollen für den Klimaschutz Stilllegungen von Kraftwerken in großem Stil schon in den kommenden Jahren und einen Ausstieg bis 2030. Industrie und Gewerkschaften wollen viel langsamer aussteigen.

Wie könnte es ausgehen am Freitag?

Es wird mit langen Verhandlungen bis in die Nacht gerechnet. Auch eine Vertagung auf einen Reservetermin am 1. Februar ist gut möglich. Allerdings ist in dem Fall ein anderer wichtiger Termin angesetzt: dann soll es am Donnerstag (31. Januar) zu einem Spitzentreffen im Kanzleramt kommen - und zwar der Regierungschefs der Kohleländer mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), den zuständigen Bundesministern sowie den vier Co-Vorsitzenden der Kommission. Dort könnte es dann zu einer «politischen Lösung» kommen - was aber nicht Sinn der Kommission ist.

Wie geht es nach der Kommission weiter?

Einigt sich die Kommission auf einen Bericht, ist die Politik am Zug - also Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat. Denn Entscheidungen können nur auf dieser Ebene fallen, die Politik muss mit den Kraftwerksbetreibern Entschädigungen aushandeln oder sie festlegen. Die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sollen einfließen in ein Klimaschutzgesetz, das die Koalition 2019 verabschieden will. Auch für den Strukturwandel soll es ein sogenanntes Maßnahmengesetz geben. Vor allem in den ostdeutschen Kohleländern Brandenburg und Sachsen ist die Nervosität groß - im Herbst wird dort gewählt.

Und wenn die Energiewende nicht klappt?

2023, 2026 und 2029 soll der Fortschritt überprüft werden, um notfalls nachzusteuern. Denn es ist ungewiss, wie sich ein schnellerer Kohleausstieg auf die bereits hohen Strompreise und die Sicherheit der Stromversorgung auswirkt. Denn Deutschland steigt bis 2022 auch aus der Kernenergie aus. Zwar schreitet der Ausbau des Ökostroms voran - aber der Ausbau der Stromnetze hinkt hinterher. Windkraft wird vor allem an den Küsten produziert, die großen Verbrauchszentren aber sitzen im Süden. (dpa)