Osnabrück. Der traditionsreiche Fahrzeugbauer Karmann ist ins Schlingern geraten: Das Osnabrücker Unternehmen musste Insolvenz anmelden. Der ausgehandelte Sozialplan sei wegen der Branchenkrise zu teuer, so Karmann. Das wies die IG Metall umgehend zurück und sieht die Schuld bei den Gesellschaftern.

Das traditionsreiche Automobilunternehmen Karmann hat wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Betroffen sind davon in Deutschland 4.500 Mitarbeiter. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Frankfurter Rechtsanwalt Ottmar Hermann bestellt. Ein Sprecher von Karmann machte am Mittwoch die weltweite Autokrise und Sozialplankosten in zweistelliger Millionenhöhe für die Insolvenz verantwortlich.

Im Zuge der seit langem geplanten Einstellung des Fahrzeugbaus hätten 2.240 Karmann-Mitarbeiter an den Standorten Osnabrück und Rheine Kündigungen erhalten, sagte Karmann-Sprecher Christian Eick. Wegen des Einbruchs der weltweiten Automobilnachfrage sei der für die Gekündigten vereinbarte Sozialplan nicht mehr zu finanzieren. «Die Sozialplankosten sind der ausschlaggebende Punkt für die Insolvenz», sagte Eick.

Suche nach einem Käufer

Dies wie die IG Metall umgehend zurück. «Es ist eine Unverschämtheit, die Insolvenz auf die Sozialplankosten abzuwälzen, wenn man nicht einmal Abfindungen zahlt», sagte der erste Bevollmächtigte der Gewerkschaft in Osnabrück, Hartmut Riemann, der AP.

Das Unternehmen habe keine Vorsorge getroffen, um Löhne während der Kündigungsfristen zu zahlen. «Die Karmann-Gesellschafter haben nichts mehr getan, um das Unternehmen zu erhalten und tragen die Verantwortung für die Insolvenz», sagte er.

Nach Angaben von Karmann-Sprecher Eick suchen die Eigentümer seit einem knappen Jahr Käufer für das gesamte oder Teile des Unternehmens. Im Unternehmensbereich Fahrzeugbau hatte Karmann lange Zeit vergeblich nach Anschlussaufträgen für die Produktion von Mercedes-Cabrios in Osnabrück und von Audi-Cabrios in Rheine gesucht. Schließlich gab der durch den legendären «Karmann Ghia» bekannt gewordene Autobauer im vergangenen September die Einstellung seiner Autofertigung bekannt.

Unternehmen im Kern sanierungsfähig

Nach Angaben von Eick sind von der Insolvenz alle deutschen Gesellschaften der Gruppe mit zusammen 4.500 Beschäftigten betroffen. Gut die Hälfte von ihnen arbeitet derzeit noch in ungekündigten Beschäftigungsverhältnissen. Die 900 im Ausland tätigen Karmann-Mitarbeiter seien in einem rechtlich selbstständigen Unternehmsteil beschäftigt, sagte Eick.

Neben den Cabriolets, deren Fertigung ausläuft, produziert Karmann Dachsysteme und Werkzeuge für den Automobilbau und betreibt eine für andere Unternehmen tätige Entwicklungssparte.

Das mehr als 100 Jahre alte Unternehmen betonte, es sei «im Kern sanierungsfähig» und «praktisch frei von Bankkrediten». Der Zusammenbruch des Automobilmarktes einerseits und der Sozialplan hätten in der Summe zu Belastungen geführt, die die Finanzierungskraft des Unternehmens überstiegen.

Die Frankfurter Kanzlei des Insolvenzverwalter teilte mit, Hermann und sein Team wollten sich zunächst ein Bild der Lage bei Karmann machen. Der Anwalt hatte unter anderem die Pleite des Baukonzern Philipp Holzmann abgewickelt. (ap)

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