Essen. . Die Kaufhof-Beschäftigten bekommen die Krise zu spüren. Mitten im wichtigen Weihnachtsgeschäft soll es Einschnitte geben.
Es ist nicht gerade alltäglich, dass sämtliche Beschäftigte einen Brief vom Chef erhalten. Tatsächlich lassen Kaufhof-Geschäftsführer Wolfgang Link und Arbeitsdirektor Peter Herlitzius in ihrem Schreiben an die rund 21 000 Mitarbeiter keinen Zweifel daran, wie ernst es ihrer Einschätzung zufolge um die Warenhauskette steht. Von „großen Herausforderungen“ für Kaufhof ist die Rede – und davon, dass viele Einzelhandelsunternehmen längst keine Tarifbindung mehr haben und daher mit deutlich niedrigeren Personalkosten arbeiten können als Kaufhof. „Diese Situation ist für uns nicht länger tragbar“, schreiben Link und Herlitzius, „denn sie gefährdet die Zukunft unseres Unternehmens“.
Ausgerechnet kurz vor dem für die Warenhäuser enorm wichtigen Weihnachtsgeschäft wird es unruhig bei Kaufhof. Die Beschäftigten müssen mit Einschnitten bei Löhnen und Gehältern rechnen. „Unser Ziel ist es, Galeria Kaufhof wieder wettbewerbsfähig zu machen und möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern“, heißt es in dem Brief, der unserer Redaktion vorliegt. Ein erstes Treffen mit dem Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, und Kaufhof-Chef Link hat es bereits zu Wochenbeginn gegeben.
Management hofft auf „wirtschaftliche Atempause“
Kaufhof habe mit Verdi Gespräche aufgenommen, um einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung abzuschließen, erklärte das Unternehmen in Köln. Ziel sei es, dem Unternehmen eine „wirtschaftliche Atempause“ zu verschaffen, bis sich beispielsweise die Modernisierung von Filialen oder Impulse für das Online-Geschäft positiv auswirken.
Die Gewerkschaft Verdi bestätigte, dass Kaufhof einen Tarifvertrag zur Jobsicherung anstrebe. Ein entsprechender Antrag werde nun geprüft – und zwar gemeinsam mit einer noch zu bildenden Tarifkommission, den Arbeitnehmergremien und einem Wirtschaftsgutachter. „Ein unabhängiger, von Verdi benannter Wirtschaftsgutachter muss die Geschäftszahlen prüfen, damit klar wird, wie es um das Unternehmen tatsächlich bestellt ist“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Kaufhof-Gesamtbetriebsratschef Uwe Hoepfel betonte: „Die Arbeitnehmervertretungen werden alles daransetzen, dass den Kolleginnen und Kollegen im Kaufhof nicht in die Tasche gegriffen wird.“
Druck auf Eigner Hudson’s Bay Company
Seit zwei Jahren gehört Kaufhof nun zum kanadischen Handelskonzern Hudson’s Bay Company (HBC), der die Warenhauskette vom Düsseldorfer Metro-Konzern übernommen hatte. Seit Monaten kämpft HBC bei Kaufhof mit Umsatzrückgängen und Verlusten. Wiederholt hat HBC betont, sich nicht vom deutschen Warenhausgeschäft trennen zu wollen. Gleichwohl macht ein HBC-Investor Druck und fordert einen Abschied von Kaufhof.
Der österreichische Karstadt-Eigner René Benko hat unlängst erneut sein Interesse an einer Kaufhof-Übernahme signalisiert. Als HBC im Jahr 2015 mit der Metro ins Geschäft kam, hatte Benko noch das Nachsehen. Zu Wochenbeginn verkündete Benkos Immobiliengesellschaft Signa, eine Milliarde Euro eingesammelt zu haben, um die Position des Unternehmens zu stärken.
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Auch bei Karstadt hatte es zwischenzeitlich eine „Tarifpause“ gegeben. In einem aktuellen Flugblatt für die Karstadt-Beschäftigten beziffert die Gewerkschaft Verdi den Lohnverzicht, der sich dadurch ergeben habe: „Seit dem Jahre 2013 haben die Karstadt-Beschäftigten keine Gehaltserhöhungen mehr erhalten – damit liegen die Gehälter bereits 9,6 Prozent unter dem Branchentarif des Einzelhandels.“
Parallelen zu Karstadt
Die Rückkehr in die Tarifbindung wurde bei Karstadt bereits vereinbart, außerdem eine schrittweise Angleichung der Gehälter. Jetzt sei es „an der Zeit, dass die Beschäftigten endlich wieder an der Tarifentwicklung teilnehmen“, betont Verdi und fordert eine Gehaltserhöhung bei Karstadt um drei Prozent.
Bei Kaufhof dürfte es in den Verhandlungen mit Verdi um eine breite Palette möglicher Einsparungen gehen – vom Urlaubs- und Weihnachtsgeld über das Entgelt bis zum Thema Arbeitszeit. „Noch stehen wir am Anfang des Prozesses und noch stehen keine genauen Informationen oder Zahlen fest“, betonten Kaufhof-Chef Link und Arbeitsdirektor Herlitzius in dem Brief an die Belegschaft. „Wir hoffen, bis Jahresende ein Ergebnis verkünden zu können, damit wir alle mit Klarheit in die Weihnachtsfeiertage gehen können.“