Essen/Dortmund. . In Westfalen-Lippe werden 49 von noch 116 Standorten dichtgemacht. Auch im Ruhrgebiet wird das Netz ausgedünnt. Kündigungen soll es nicht geben.

Die AOK Nordwest schließt in Westfalen-Lippe Dutzende Filialen: Von aktuell noch 116 Geschäftsstellen bleiben nur 67 erhalten, 49 Standorte werden aufgegeben. Das sieht das neue Standortkonzept des Kassenvorstands vor, das gestern veröffentlicht wurde. Die WAZ hatte bereits im Juni vorab über die Schließungspläne berichtet. Danach sollten einer internen Schließungsliste zufolge 60 der seinerzeit allerdings noch 130 Standorte schließen.

Im östlichen Ruhrgebiet sind acht Standorte von der Ausdünnung des Filialnetzes betroffen. Viele Geschäftsstellen werden bereits Ende Oktober oder November geschlossen, die restlichen im Laufe des kommenden Jahres. Bis Ende 2018 soll die Schließungswelle durch sein.

AOK Nordwest gibt vor allem kleine Standorte auf

In Bochum bleiben von vier Standorten nur zwei übrig, in Dortmund trifft es eine von vier. Filialen werden etwa auch in Hattingen, Marl, Castrop-Rauxel und Gladbeck dicht gemacht. In diesen vier Mittelstädten wird die AOK künftig gar nicht mehr vor Ort sein, was etwa in Gladbeck zuletzt auch zu heftigen Protesten des Seniorenbeirats der Stadt geführt hatte.

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Für viele der 2,1 Millionen AOK-Versicherten in Westfalen-Lippe werden die Wege dadurch länger. Weil die AOK Nordwest vor allem kleinere Standorte aufgibt, behielten aber rund 70 Prozent ihrer Versicherten die bisherige Geschäftsstelle. Was umgekehrt bedeutet: Fast jeder dritte AOK-Versicherte zwischen Bochum und dem Sauerland muss künftig längere Anfahrten in Kauf nehmen oder versuchen, sich auf digitale und Telefonberatung umzustellen.

Kunden können vieles von zuhause aus erledigen

Dass die meisten Versicherten das von sich aus seit Jahren ohnehin tun, ist der Hauptgrund dafür, dass die meisten gesetzlichen Krankenkassen ihre Präsenz vor Ort reduzieren. Bereits 2014 hatte die Barmer GEK fast jede zweite ihrer bis dahin bundesweit 800 Geschäftsstellen aufgegeben. Es kämen immer weniger Kunden in die Beratungsstellen, betont nun auch die AOK Nordwest, die neben Westfalen-Lippe auch in Schleswig-Holstein vertreten ist. Weil vieles von zuhause viel leichter erledigt werden kann, verstärkt sich dieser Trend zusehens. Auch Banken, Sparkassen und die Post leisten sich deshalb immer weniger Geschäftsstellen in der Fläche.

Die AOK Nordwest betont, auch nach den Schließungen eine im Vergleich zur Konkurrenz überdurchschnittliche Abdeckung an Geschäftsstellen zu bieten.

Pflegeberatung auch daheim

„Immer mehr Versicherte erwarten, nicht nur persönlich, sondern vermehrt über verschiedenste digitale Wege Kontakt mit uns aufnehmen zu können“, sagte AOK-Chef Tom Ackermann. Er kündigte an, den Online-Service ausbauen zu wollen. Formulare könnten viel bequemer heruntergeladen, auch die elektronische Gesundheitskarte online angefordert werden.

Wie bei den Banken auch, suchen vor allem ältere Kunden noch die Geschäftsstellen auf. Die AOK Nordwest erklärte, bei Bedarf könne etwa die Pflegeberatung aber auch zu Hause stattfinden.

Kündigungen soll es wegen der Filialschließungen nicht geben, versicherte Kassenchef Ackermann. Die betroffenen Mitarbeiter würden auf andere Standorte verteilt. Sie sollen die dortige Kundenberatung verstärken, in der Regel ihre bisherige Tätigkeit weiter ausüben. Für alle anderen werde es Umschulungen geben für die neuen Aufgabenbereiche.

Die AOK Nordwest beschäftigt aktuell rund 7400 Mitarbeiter in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein. Auch im Norden werden einige Filialen geschlossen.