Düsseldorf. Es gibt immer weniger Produktionsverlagerungen ins Ausland. Das hat eine Studie im Auftrag des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) ergeben. Statt Kostenflucht scheine in der aktuellen Krise die bestmögliche Kapazitätsauslastung im Inland vorrangig zu sein.
Immer weniger Industriebetriebe in Deutschland setzen laut einer Studie trotz der Krise auf eine Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland. In den vergangenen drei Jahren sank die Zahl der Produktionsverlagerungen im Verarbeitenden Gewerbe um 40 Prozent, wie aus einer am Montag in Düsseldorf veröffentlichten Studie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) hervorgeht.
Was Firmen ins Ausland und wieder zurück treibt
Die VDI-Umfrage unter 1500 Firmen des Verarbeitenden Gewerbes hat die Gründe für Produktionsverlagerungen ins Ausland und für die Rückkehr nach Deutschland ermittelt.
Im Vordergrund für Produktionsverlagerungen ins Ausland stehen:
- Personalkosten (77 Prozent der befragten Betriebe)
- Nähe zu Schlüsselkunden (29 Prozent)
- Markterschließung (28 Prozent)
- Nähe zu bereits verlagerter Produktion (16 Prozent)
- Transport- und Logistikkosten (15 Prozent).
Als Gründe für eine Rückverlagerung der Produktion wurden genannt:
- Qualitätsprobleme (68 Prozent)
- Flexibilität, Lieferfähigkeit (43 Prozent)
- Personalkosten (33 Prozent)
- Transport- und Logistikkosten (32 Prozent)
- Kontrollaufwand (20 Prozent)
(Quelle: ddp)
Damit liegt die Quote der Produktionsverlagerungen mit neun Prozent auf dem tiefsten Stand seit 15 Jahren. Vor drei Jahren hatten noch 15 Prozent der Betriebe Teile ihrer Fertigung im Ausland angesiedelt. Erstmals gab es damit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten keinen Anstieg der Produktionsverlagerung. Für die VDI-Studie befragte das Fraunhofer Institut knapp 1500 Branchenbetriebe. Mit rund fünf Millionen Beschäftigten ist das Verarbeitende Gewerbe einer der größten Industriezweige.
Viele Rückkehrer
«Bei früheren Wirtschaftskrisen haben die Unternehmen verstärkt Produktionsverlagerungen zu Kosteneinsparungen genutzt», erläuterte der Projektleiter der Studie, Steffen Kinkel. Statt «Kostenflucht» scheine in der aktuellen Krise aber die bestmögliche Kapazitätsauslastung im Inland vorrangig zu sein. Dazu gehöre auch, dass Teile der Auslandsproduktion wieder zurückgeholt würden. Der Studie zufolge kommt inzwischen auf jeden dritten Betrieb, der Produktion im Ausland ansiedelt, ein «Rückkehrer».
Die Gründe für diese Entwicklung sieht der VDI auch in einer wachsenden Unzufriedenheit von Firmen mit den Ergebnissen ihrer Produktionsverlagerung. Vor allem Qualitätsprobleme am ausländischen Standort sowie das gestiegene Lohnniveau insbesondere in Osteuropa hätten viele Betriebe, die aus Kostengründen ins Ausland verlagert hätten, nicht auf der Rechnung gehabt.
Hohe Personalkosten als Bumerang
«Das Hauptmotiv der Verlagerung, die hohen Personalkosten in Deutschland, erweist sich nicht selten als Bumerang», erläuterte VDI-Direktor Willi Fuchs. «Wer die hohe Qualität deutscher Produkte auch bei der Produktion im kostengünstigeren Ausland garantieren will, der zahlt nicht selten drauf», fügte er hinzu.
Laut Studie gingen die Produktionsverlagerungen in die neuen osteuropäischen EU-Länder seit 2006 um 16 Prozent zurück. Gerade in diesen Ländern zogen die Löhne in den vergangenen drei Jahren deutlich an. Aber auch bei vielen «China-Rückkehrern» wurden neben Qualitätsproblemen gestiegene Lohnkosten als Grund genannt.
VDI-Direktor Fuchs sieht in den rückläufigen Produktionsverlagerungen bereits eine «Renaissance des Produktionsstandorts Deutschland». Ohnehin verlagerten Betriebe, die auf Produktqualität setzten, nur noch halb so oft wie Firmen, die Preisführerschaft anstrebten. Dies zeige, dass «Made in Germany» wieder an Wertschätzung gewonnen habe. (ddp)