Paris. Die OECD lobt die deutschen Regelungen zur Kurzarbeit zur Überbrückung der Rezession. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit konnte so in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern niedrig gehalten werden. Das Niveau der Arbeitslosigkeit ist allerdings recht hoch.
Deutschland wird mit seinen Regelungen zur Kurzarbeit immer mehr zum Vorbild für andere Industriestaaten. Die OECD empfehle das deutsche Modell, mit staatlicher Hilfe Arbeitnehmer auch in der Rezession in den Unternehmen zu halten, sagte der Generalsekretär der Organisation, Angel Gurría, am Mittwoch bei der Vorstellung des Beschäftigungsausblickes 2009 in Paris. Insgesamt sehen die Arbeitsmarktaussichten in der OECD zumindest bis zum kommenden Jahr eher düster aus, auch wenn es Hoffnung auf eine Konjunkturerholung gibt.
Von Deutschland lernen
«Man kann von den Deutschen viel lernen», betonte Gurría bei der Pressekonferenz. Es sei billiger, mit Hilfe staatlicher Unterstützung auch in Krisenzeiten Mitarbeiter in den Unternehmen zu halten statt ihnen zu kündigen. Arbeitslosigkeit koste die Gesellschaft langfristig viel Geld und wirke sich auf die Würde der Betroffenen aus. Arbeitsmarktexperte Stefano Scarpetta fügte hinzu, dass bereits einige Länder deutsche Regelungen übernommen und an ihre Systeme angepasst hätten.
Die massive Kurzarbeit in Deutschland trug dazu bei, dass die Arbeitslosenquote bei weitem nicht so dramatisch anstieg wie in anderen Ländern. Mit 7,7 Prozent nach internationalem Standard lag sie im Juli 2009 immer noch deutlich unter den 8,4 Prozent im Jahr 2007. Im selben Zeitraum stieg die Quote in allen OECD-Staaten von 5,6 auf 8,5 Prozent.
Der geringe Anstieg in Deutschland ist nach Einschätzung der OECD auch auf die Kurzarbeit zurückzuführen, ohne die 400.000 Menschen mehr ohne Job wären. «Mit einer maximalen Anspruchsdauer von 24 Monaten ist die Kurzarbeit in Deutschland im OECD-Vergleich eher großzügig ausgestaltet», erklärte die Organisation.
Das Konjunkturpaket scheint zu wirken
Auch das deutsche Konjunkturpaket, das mit 3,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im OECD-Durchschnitt liegt, trug dazu bei, dass die Arbeitslosigkeit langsamer stieg. Nach Berechnungen der Experten läge die Quote ohne die Milliardenausgaben des Staates 0,6 bis 1,0 Prozent höher. «Es scheint letztendlich zu wirken», sagte Gurría über das deutsche Konjunkturpaket.
Allerdings sind die Aussichten in der OECD insgesamt auf den Arbeitsmärkten trotz der langsamen Erholung der Wirtschaft eher trübe. Die Organisation erwartet, dass sich die durchschnittliche Erwerbslosenquote in den 30 Mitgliedsländern auf die 10 Prozent zu bewegen wird. Bereits im Juli lag sie bei einem Nachkriegsrekord von 8,5 Prozent.
Besonders stark war der Anstieg in den Ländern, die vor der Finanzkrise rasant wuchsen, etwa Spanien, Irland und Island. Die Experten sehen wegen des schweren Einbruchs der Wirtschaft das Risiko, dass die Arbeitslosigkeit strukturell werden könnte. Dies sei auch bei früheren Rezessionen der Fall gewesen. Die OECD forderte deswegen ihre Mitglieder auf, mehr Geld für Maßnahmen wie Stellenvermittlung und Weiterbildung auszugeben.
Defizite bei der Langzeitarbeitslosigkeit
Obwohl sich die Lage in Deutschland nicht dramatisch verschlechterte, verzeichnen vergleichbare Länder wie Österreich, die Niederlande, Norwegen oder die Schweiz trotz der Krise Arbeitslosenquoten von unter 5 Prozent. Auch bei der Erwerbsquote liegt Deutschland mit 70 Prozent nur im Mittelfeld, während die Schweiz, Dänemark, Norwegen oder die USA 75 Prozent oder mehr haben.
Auch bei der Langzeitarbeitslosigkeit bescheinigt die OECD Deutschland Defizite. So gaben 2008 mehr als 50 Prozent der Arbeitslosen an, dass sie seit mehr als einem Jahr nach einem Job suchten. Im OECD-Durchschnitt waren es nur 26 Prozent. (ap)