Essen. Mit kleineren Packungen wird den Verbrauchern das Geld aus der Tasche gezogen. Die Preise bleiben gleich - aber der Kunde bekommt weniger Inhalt. Die Verbraucherzentrale Hamburg sammelt Beispiele.

Null Prozent Inflation? Immer mehr Verbrauchern erscheint die offizielle Preisstatistik wie Hohn. Die Preise mögen zwar gleich bleiben, aber in vielen Packungen steckt zum Teil viel weniger drin. Ob Süßigkeiten, Kosmetika, Getränke oder Hundefutter – die Beispiele für versteckte Preiserhöhungen durch Packungstricks häufen sich.

Vorschriften für Fertigpackungen aufgehoben

Mit kleineren Packungen wird den Verbrauchern das Geld aus der Tasche gezogen. Die Preise bleiben gleich - aber der Kunde bekommt weniger Inhalt.
Mit kleineren Packungen wird den Verbrauchern das Geld aus der Tasche gezogen. Die Preise bleiben gleich - aber der Kunde bekommt weniger Inhalt. © Armin Thiemer | Armin Thiemer





Der Ärger kommt nicht von ungefähr. Die fast völlig aufgehobenen Vorschriften für Fertigpackungen zeigen Wirkung. Seit dem Jahre 2000 können im Einzelhandel immer mehr Produkte in beliebigen Packungsgrößen verkauft werden. Armin Valet von der Verbraucherzentrale in Hamburg: „Das reizt viele Hersteller zu versteckten Preiserhöhungen. Die Packungsgrößen werden auf krumme Gewichte verkleinert, was die Waren bei gleichem Preis teurer macht.”

Hier einige der aktuellen Beispiele, die die Hamburger Verbraucherzentrale mit Hilfe von Käufern gesammelt und auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat. Bärenmarke bietet das „Milchmischgetränk Waldfrucht” danach jetzt in einer 400-ml-Packung an. Bisher seien 475 ml in der Packung gewesen. Bei gleichem Preis sei das eine Preiserhöhung um 19 Prozent.

Preiserhöhung von 33 Prozent

In einer Tüte „Guten-Appetit-Hühnersuppe mit Tierfiguren” von Maggi war bisher genug Stoff für vier Teller drin. Jetzt darf sich der Suppenkasper freuen, denn der Tüteninhalt reicht laut Aufdruck nur noch für drei Teller. Satte 33 Prozent mache die versteckte Preiserhöhung bei gleichem Preis aus, haben die Verbraucherschützer errechnet.

Gut 14 Prozent seien es beim „Philadelphia Frischkäse”. Hersteller Kraft habe die Packung von 200 auf 175 Gramm verkleinert. Ähnlich ging wohl Zentis vor: Der Becher „Aachener Pflümli” habe statt 225 nur noch 200 Gramm Inhalt. Bei konstantem Preis koste das Pflaumenmus nun 12,5 Prozent mehr.

Was die Fertigpackungsvorschriften so alles möglich machen, zeigt auch Wasa. Die Firma steckt laut Verbraucherzentrale ihr „Knäckebrot Roggen, dünn” jetzt auch in eine dünnere Packung mit dem krummen Gewicht von 205 Gramm. Bei gleichem Preis müsse der Verbraucher eine Preiserhöhung um 34 Prozent schlucken, denn früher habe er für das gleiche Geld 275 Gramm bekommen.

Grundpreis der Waren hilft auch nicht immer

Natürlich, so räumen die Verbraucherschützer ein, seien Preiserhöhungen nicht verboten. Aber durch die versteckten Preiserhöhungen fühlten sich viele Kunden ausgetrickst, abgezockt und nicht ernst genommen. Die Firmen aber nehmen den Image-Verlust, verprellte Kunden und eventuelle Käuferstreiks offenbar lieber hin als sofortige Umsatzverluste durch offene Preiserhöhungen.

Verbraucherschützer verweisen in diesem Zusammenhang gern auf den Grundpreis. Dieser Preis, der sich auf vergleichbare Einheiten wie 100 oder 1000 Gramm oder auf einen Liter bezieht, kann beim Einkauf beim direkten Vergleich am Regal hilfreich sein – wenn er denn lesbar ist. Denn häufig werden die Grundpreis-Angaben in den Geschäften nur in Kleinstschrift angeben. Oder sie fehlen völlig, wie Verbraucherschützer auf Grund von Alltagserfahrungen von Kunden immer wieder kritisieren. Eine staatliche Überprüfung findet kaum statt.

Bei versteckten Preiserhöhungen, so gibt Verbraucherschützer Valet zu bedenken, helfen Grundpreise aber nur dann weiter, wenn man möglichst viele davon im Kopf hat. Nur dann können Käufer bei Packungsveränderungen einen Preisvergleich machen.

Die Ruhe vor dem Sturm

Bei den Produkten wie Milch, Schokolade, und Getränken, die seit April in beliebigen Packungsgrößen verkauft werden können, haben sich die die Hersteller mit Packungsänderungen bisher zurückgehalten. Armin Valet: „Da will keiner der Erste sein. Außerdem sind die Rohstoffe für viele Lebensmittel zuletzt deutlich gesunken, so dass noch kein Grund für Preiserhöhungen besteht.” Doch der Fachmann hält das für die Ruhe vor dem Sturm: „Nach dem Jahr 2000, als die Packungsvorschriften für Konfitüre und Speiseeis verschwanden, ging es kurze Zeit später auch mit krummen Gewichten wie 310 oder 870 Gramm los.”