Essen. Die künftige schwarz-gelbe Bundesregierung will die Kosten großer Stromverbraucher aus der Industrie senken – womöglich auch durch längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Gerade am Standort NRW hoffen viele Unternehmen schon lange auf Entlastungen beim Strompreis.

Wie unmittelbar sich der Strompreis auf den Standort Deutschland auswirkt, zeigt das Beispiel der Aluhütte Trimet. Allein das Werk in Essen benötigt mehr Strom als alle Haushalte im gesamten Stadtgebiet. Insgesamt verbraucht der größte deutsche Aluminiumhersteller mit seinen 1700 Beschäftigten ein Prozent der gesamten Strommenge in Deutschland. Stahlwerke, Gießereien, Glas-, Keramik-, Zement- oder Papierfabriken, Maschinenbau- oder Chemie-Firmen sind in hohem Maße von der Entwicklung der Energiepreise abhängig. Entsprechend hoch sind die Erwartungen der Unternehmen an die Energiepolitik der künftigen schwarz-gelben Bundesregierung.

Gewinne aus Atomkraft sollen Stromkosten senken helfen

„Die Industrie leidet unter den zu hohen Strompreisen. Hier erhoffen wir uns eine Entlastung”, sagt Birgit Ortlieb, die Geschäftsführerin des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK). Eine zentrale Rolle spielt eine mögliche Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke, die den Energiekonzernen zusätzliche Gewinne bescheren könnte. „Entscheidend ist, dass ein Teil dieser Gewinne direkt zur Stromkostenentlastung der energieintensiven Industrien genutzt wird”, fordert Ulrich Grillo, der Vorstandschef der Duisburger Grillo-Werke und Präsident der Wirtschaftsvereinigung Metalle.

Heinrich Grütering, Vorstand der Essener Gießerei-Gruppe DIHAG, kritisiert erhebliche Wettbewerbsverzerrungen in Europa. „Selbst in unserem direkten Nachbarland Frankreich gibt es Industriestromtarife, die bis zu 40 Prozent günstiger sind als in Deutschland”, sagt er. Die DIHAG beschäftigt rund 2000 Mitarbeiter, davon bundesweit 1500. Eines der elf Werke befindet sich in Ratingen.

FDP und Union über Kurs noch uneins

Die Energieexpertin Anke Dieberg von der Essener Fachhochschule FOM warnt davor, dass hohe Strompreise Betriebe zu Produktionsverlagerungen ins Ausland zwingen.

Wie aus den Entwürfen der Koalitionsarbeitsgruppen hervorgeht, zeichnet sich ein Kurswechsel in der Energiepolitik ab. Viele Details sind aber noch strittig – etwa die Forderung der FDP, die Umsatzsteuer für Energie auf sieben Prozent zu senken. In dem Koalitionspapier heißt es immerhin: „Künftige energiepolitische Entscheidungen dürfen nicht zu einer weiteren Verteuerung durch staatliche Maßnahmen führen.” Ziel sei es, „internationale Wettbewerbsverzerrungen” zu vermeiden.