Essen. . Das neue Antennenfernsehen DVB-T2 wird bald das bisherige DVB-T ersetzen. Bundesweit werden wohl bis zu zehn Millionen TV-Geräte ausgetauscht.
Zum Auftakt sind es sechs TV-Programme, später sollen es bis zu 40 werden: Am Dienstag ist das neue digitale Antennen-Fernsehen DVB-T2 HD gestartet; in NRW etwa in den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr. Antennen-TV-Nutzer müssen sich deshalb neue Geräte anschaffen, weil das bisherige DVB-T bald abgeschaltet wird. Auch ist erstmals ein Modul nötig, das Signale entschlüsselt. Denn Privatsender wie RTL oder ProSieben senden beim DVB-T2 nur noch verschlüsselt - und bald kostenpflichtig.
Der Bundesverband Technik des Einzelhandels e.V. (BVT) erwartet durch das neue Antennen-Fernsehen einen Umsatzschub für den Fachhandel. Programme werden künftig in HD-Qualität gesendet, wie sie selbst Kabel- und Satelliten-TV nicht bieten. Deshalb ist der Übertragungsstandard komplett neu. "Alleine 7,4 Millionen DVB-T-Haushalte bundesweit sind von der Umstellung auf DVB-T2 HD potenziell betroffen – zwischen 7,4 und zehn Millionen Endgeräte müssen wohl ausgetauscht werden", schätzt Verbands-Geschäftsführer Willy Fischel.
Man muss bei DVB-T2-Technik aufs Kleingedruckte achten
Das einzige, was man für DVB-T2 nicht austauschen muss, ist die bisher genutzte DVB-T Antenne. In NRW empfangen gut 1,1 Millionen Menschen das Fernsehen ausschließlich per Antenne. Beim DVB-T2 HD werden die Bilder mit 1920 mal 1080 Bildpunkten (2.073.600 Pixel) und mit 50 Vollbildern je Sekunde gesendet. Empfangsgeräte müssen auch den neuen Video-Standard "HEVC" 'verstehen'.
"DVB-T2 Geräte, die in anderen Ländern, etwa Österreich, verkauft werden, sind nicht geeignet, um hierzulande das neue Antennenfernsehen zu empfangen, weil diese in der Regel das Kompressionsverfahren HEVC nicht unterstützen", warnen Experten. Die Verbraucherzentrale ergänzt: Die einfache Bezeichnung "DVB-T2-Tuner integriert" oder "DVB-T HD" reiche ebenfalls nicht aus. Zudem hätten Stichproben vor ein paar Monaten gezeigt, "dass nicht alle Händler wirklich gut orientiert sind." Mittlerweile aber gibt es Schulungen für den Handel.
DVB-T wird spätestens Mitte 2019 abgeschaltet
"Die meisten Fernsehgeräte sind bereits DVB-T2 HD-fähig und bieten beste Bildqualität", sagt BVT-Mann Willy Fischel. Wer weiterhin via Antenne fernsieht, benötige künftig einen HD-Fernseher, "damit man die Bildqualität auch sehen kann". Ein grünes Logo mit Flachbildschirm und einem weißen Punkt in der rechten oberen Ecke markiert geeignete Geräte. "Selbst Technikmuffel kommen um die Anschaffung mindestens eines Empfängers ("Set-Top-Box") nicht herum", sagt Fischel. Wenn DVB-T2 ab dem ersten Quartal 2017 schrittweise in den Regelbetrieb geht, wird das bisherige DVB-T-Signal abgeschaltet. Spätestens ab Mitte 2019 sind die bisherigen DVB-T-Empfangsgeräte hierzulande Elektroschrott.
Die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft soll helfen, die neue Sendetechnik zu verbreiten. Denn ARD und ZDF planen Übertragungen in HD. Große Fußballwettbewerbe kurbeln immer auch den Umsatz im Elektronik-Handel an: "Das führt zu vorgezogenen Käufen", erklärt Willy Fischel, "aber aufs Jahr gesehen nicht unbedingt zu mehr Verkäufen".
Antworten zu DVB-T2 HD
"Derzeit sind schon einige Hundert Geräte für den Empfang von DVB-T2 HD im Handel verfügbar", sagt Carine Chardon vom Zentralverband Elektrotechnik. Bei Geräten mit CI-Schnittstelle zum Entschlüsseln der Signale von RTL und Co. werde die Auswahl "ab Juni stetig wachsen". Das dafür nötige "CI+"-Modul komme "pünktlich zum Start von DVB-T2 HD" in den Handel.
Die Nachfrage nach Unterhaltungselektronik war im ersten Quartal dieses Jahres in nahezu allen Produktsparten gesunken. Bei Set-Top-Boxen sank der Umsatz gar um 25 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2015, heißt es beim Bundesverband Technik des Einzelhandels. Empfangsboxen für den DVB-T2-Empfang finden sich im Handel für Preise ab etwa 60 Euro. Fernseher der aktuellen Generation seien bereits ab der Einstiegsklasse HD-fähig und auch für den DVB-T2-Betrieb geeignet.
Drei Monate Übergangsfrist bei privaten TV-Sendern
Wer auch künftig über Antenne Programme privater Sender sehen will, braucht ein TV-Gerät oder eine Empfangsbox mit integriertem "Irdeto"-Verschlüsselungssystem für die „Freenet TV“-Plattform von Media Broadcast. Über die wird das Angebot der Privatsender vermarktet. Media Broadcast betreibt als Dienstleister der hiesigen TV-Sender die Sendetechnik für das digitale terrestrische Antennenfernsehen in Deutschland. Das nötige "CI+"-Modul, das in die CI-Schnittstelle am Fernseher oder der Empfangs-Box gesteckt werden muss, gibt es derzeit für etwa 80 Euro.
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Nach dem bisherigen Stand müssen Kunden sich selbst mit der nötigen Hardware ausstatten, sagt ein Sprecher von Media Broadcast. Abo-Modelle, wie etwa beim Pay-TV-Anbieter Sky, seien fürs künftige Antennen-Fernsehen nicht geplant. Gezahlt werden soll wohl per Prepaid-Modell; die Kosten für die privaten Programme dürften, laut Handel, bei 5 Euro im Monat liegen. Nach bisheriger Planung sollen von den künftig bis zu 40 TV-Programmen beim Antennen-Fernsehen etwa die Hälfte von privaten TV-Sendern kommen - allesamt dann verschlüsselt und kostenpflichtig. Nach dem Umschalten in den Regelbetrieb von DVB-T2 HD, der regional bis Mitte 2019 gestaffelt ist, bleibe der Empfang noch für jeweils drei Monate kostenfrei. Welche TV-Programme eingespeist werden, ist regional verschieden.