Bonn. Beim Naschen am Arbeitsplatz verstehen viele Unternehmen keinen Spaß. Im Zweifelsfall reicht ein Biss ins Frikadellenbrötchen für die Kündigung. Das sehen aber nicht alle Firmen so. Bei Haribo ist Probieren sogar erwünscht – die Mitarbeiter sind Qualitätskontrolle und Gradmesser zugleich.

Ein Biss von den Frikadelle am Firmenbüffet oder eine Kostprobe vom Brotaufstrich können Arbeitnehmer den Job kosten. Jüngst hatte der Fall einer Sekretärin für Aufsehen gesorgt, die unerlaubt ein Brötchen und eine Bulette gegessen hatte. Der Arbeitgeber hatte ihr daraufhin gekündigt. Der Fall beschäftigt zurzeit das Arbeitsgericht Dortmund. Eine fristlose Kündigung bekam vor wenigen Monaten auch der Mitarbeiter eines Bäckereiunternehmens, der an seinem Arbeitsplatz einen Brotaufstrich aus firmeneigener Produktion gegessen und nicht bezahlt hatte. In diesem Fall hatte das Landesarbeitsgericht in Hamm die Entlassung allerdings für unwirksam erklärt.

Nur Sorgen um die Figur

Die weltweit rund 6100 Mitarbeiter bei Haribo müssen sich darüber keine Gedanken machen. Sie dürfen bei den Gummibärchen, Drops und Bonbons nach Herzenslust zugreifen – und müssen sich höchstens Sorgen um ihre Figur machen. „Wir sehen das locker, schließlich sind wir ein Familienunternehmen“, erklärt Sprecher Marco Alfter. Über die Kündigungen nach Bagatelldelikten kann er nur den Kopf schütteln: „Das ist lächerlich. Und langfristig schaden sich die Firmen selbst damit, weil ihr Ruf in der Öffentlichkeit leidet.“

Bei dem Süßwarenhersteller mit Sitz in Bonn wird das Naschen nicht nur geduldet, sondern ausdrücklich erlaubt. „Wir profitieren davon, denn die Mitarbeiter sind unsere Vorkoster“, erklärt Alfter. „Für uns ist das permanente Qualitätskontrolle.“ So fallen den Angestellten schnell Unterschiede in der Produktion auf – und das Unternehmen kann umgehend reagieren.

Wenn neue Süßigkeiten eingeführt werden, darf die Belegschaft mitentscheiden, ob das Produkt ankommt. „Wir haben junge Auszubildende und erwachsene Angestellte – da können wir direkt an verschiedenen Zielgruppen testen“, sagt der Sprecher. Und um die Akzeptanz bei den ganz kleinen Naschkatzen zu erproben, werden sogar die Kinder im Betriebskindergarten nach ihrer Meinung gefragt.

Und was sagen die Mitarbeiter zur Gratis-Verköstigung der Schnuckereien vom Fließband? „Besonders neue Kollegen freuen sich natürlich erstmal und schlagen sich gern den Bauch voll.“ Einen Freifahrtschein für Süßigkeiten haben die Mitarbeiter allerdings nicht. Nachdem ein Kollege die Bonbons nämlich gleich kistenweise aus der Firma geschleppt und auch noch verkauft hatte, müssen die Leckereien von nun an im Unternehmen bleiben.

Wo Naschen im Job ausdrücklich erwünscht ist

Und auch für das Naschen vom Brotaufstrich sollte der Mitarbeiter eines Bäckereiunternehmens gehen. In diesem Fall hatte das Landesarbeitsgericht in Hamm die Entlassung allerdings für unwirksam erklärt.
Und auch für das Naschen vom Brotaufstrich sollte der Mitarbeiter eines Bäckereiunternehmens gehen. In diesem Fall hatte das Landesarbeitsgericht in Hamm die Entlassung allerdings für unwirksam erklärt.
In anderen Firmen ist Probieren allerdings nicht nur geduldet, ...
In anderen Firmen ist Probieren allerdings nicht nur geduldet, ...
... sondern ausdrücklich erwünscht.
... sondern ausdrücklich erwünscht.
Weil sie unerlaubt eine Frikadelle vom Firmenbüffet gegessen hatte, wurde einer Sekretärin gekündigt.
Weil sie unerlaubt eine Frikadelle vom Firmenbüffet gegessen hatte, wurde einer Sekretärin gekündigt.
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