Essen. . Energiekonzern der Revier-Kommunen erwägt Einstieg ins Braunkohlegeschäft, das Vattenfall aus Klimagründen verkaufen will.

Es war ein ebenso großes wie umstrittenes Geschäft: Stadtwerke aus den finanzschwachen Revierkommunen Bochum, Dortmund, Duisburg, Dinslaken, Essen und Oberhausen haben im Frühjahr 2011 die Führung von Deutschlands fünftgrößtem Energiekonzern Steag übernommen. Mittlerweile befindet sich die einstige Evonik-Tochterfirma sogar komplett in der Hand der kommunalen Eigentümer. Nun arbeitet die Steag-Führung offenbar an spektakulären Plänen. Sie erwägt einen Kauf der ostdeutschen Braunkohle-Aktivitäten des schwedischen Energieversorgers Vattenfall. „Das schaut sich Steag an“, erfuhr die WAZ aus Branchenkreisen. Von einer „guten Option“ ist die Rede. Steag-Chef Joachim Rumstadt wollte sich auf Anfrage nicht äußern und sprach von „Spekulationen“.

Klar ist: Der schwedische Staatskonzern Vattenfall will sein ostdeutsches Braunkohlegeschäft verkaufen. Er folgt damit der Vorgabe aus Stockholm, stärker auf Ökostrom zu setzen. Vattenfall ist mit seinen Tagebauen und Braunkohlekraftwerken ein großer Arbeitgeber in Brandenburg und Sachsen. Rund 33.000 Arbeitsplätze hängen nach Angaben von Vattenfall in der Lausitz direkt oder indirekt von der Braunkohle-Industrie ab.

Macht Steag gemeinsame Sahce mit Macquarie?

Entsprechend besorgt verfolgen die dortigen Landesregierungen den Verkauf. Die schwarz-rote Koalition in Sachsen wünscht sich ebenso wie das rot-rote Bündnis in Brandenburg einen Käufer, der möglichst alle Arbeitsplätze für möglichst lange Zeit sichert. Auch die IG BCE hofft auf eine Lösung, bei der Gewerkschaft und Politik mitreden. Idealvorstellung ist ein mit schwedischem Regierungssegen niedrig gehaltener Preis in Verbindung mit politisch verlässlichen Rahmenbedingungen in Deutschland. Weil bei der Verstromung von Braunkohle besonders viel CO2 freigesetzt wird, hat die Bundesregierung gerade erst die Stilllegung einiger Braunkohleblöcke in NRW und Ostdeutschland beschlossen, die ab 2017 in eine Kraftwerksreserve gehen. Bei Vattenfall sind dies zwei Blöcke in Jänschwalde. Die Konzerne, auch Vattenfall, erhalten dafür als Entschädigung insgesamt 260 Millionen Euro im Jahr.

Der Käufer würde diese Einnahmen miterwerben. Er kann auch auf steigende Renditen im kommenden Jahrzehnt hoffen. Weil auch durch die Abschaltung von Atomkraftwerken große Kapazitäten aus dem Markt gehen, werden dann wieder steigende Strompreise erwartet. Der günstig zu produzierende Braunkohlestrom könnte davon besonders profitieren.

Angeblich gibt es Planspiele dafür, dass die Steag gemeinsame Sache mit dem Finanzinvestor Macquarie machen könnte: Macquarie könnte das Kapital beisteuern und eine Mehrheit übernehmen, bei Steag sollte die industrielle Führung liegen, heißt es.

Was bisher allerdings kein Käufer sicher weiß: wie lange die übrigen Vattenfall-Kraftwerke noch betrieben werden können. Langfristige politische Bestandsgarantien, so hört man, wären Voraussetzung auch für einen Einstieg der Steag. Die Klimabilanz der Braunkohle spricht andererseits dafür, dass die Zeiten für diese Energieform eher schwieriger als leichter werden.

Energiewende macht dem Konzern zu schaffen

Auch der Steag macht die Energiewende zu schaffen. „Bislang haben wir uns in der Energiewende behauptet“, sagt Steag-Chef Rumstadt. Eine Folge der Entwicklungen auf dem politisch geprägten Energiemarkt sei aber, dass auch die Steag künftig weniger Geld verdienen werde. „Im laufenden Geschäftsjahr werden wir unsere Ziele noch erreichen können. Für 2016 allerdings haben wir unsere Planungen bereits entsprechend angepasst.“ Gründe seien die rückläufigen Strompreisnotierungen und verengte Handlungsspielräume in der Kohlebeschaffung.

Bei den Eigentümern werde deshalb weniger Geld ankommen, berichtet Steag-Aufsichtsratschef Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke. Die Eigentümer planen für 2015 mit einer Ausschüttung von 80 Millionen Euro. „Im darauffolgenden Jahr könnten es 40 Prozent weniger werden und sich auf diesem Niveau in den beiden folgenden Jahren halten – mit Schwankungen von plus oder minus zehn Prozent“, so Pehlke. Zuletzt hatte die Steag rund 100 Millionen Euro an die Eigentümer überwiesen. „Ab dem Jahr 2020 rechnen wir wieder mit deutlich besseren Ergebnissen“, betont Pehlke. „Der Einstieg bei der Steag ist und bleibt für die Eigentümer ein gutes Geschäft. Das Unternehmen erwirtschaftet ordentliche Gewinne und schlägt sich besser als die meisten Wettbewerber.“