New York. Die Deutschen betrachten sich als grün, ökologisch und nachhaltig. Eine Studie zeigt jetzt aber: die größten Schwächen gibt es beim Umweltschutz.

  • Einer internationalen Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung zufolge verursacht jeder Deutsche 614 Kilogramm Müll pro Jahr - der Schnitt liegt bei gerade 483 Kilo
  • Die deutsche Landwirtschaft ist nicht besonders ökologisch. Pro Hektar würden 94 Kilogramm zu viel Nitrate und Phosphate auf die Äcker gebracht, das könne die Böden schwer schädigen
  • Auch die Luft ist längst nicht so sauber, wie sie sein sollte: Bei der Feinstaubbelastung liegt Deutschland auf Platz 27 von 34.
  • Laut Studie beutet die Bundesrepublik auch ihr Grundwasser zu sehr aus und vernachlässigt den Schutz bedrohter Arten.

Deutschland gehört einer Studie zufolge zu den nachhaltigsten Industriestaaten der Welt, hat aber noch erheblich Luft nach oben. In einer internationalen Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung kam die Bundesrepublik auf Platz sechs von 34 OECD-Staaten. Während die Deutschen unter anderem mit sozialer und innerer Sicherheit punkten konnten, gab es an anderer Stelle Schwächen - etwa im Umweltschutz. Ganz vorn landete Schweden, ganz hinten Mexiko.

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Ende des Monats sollen bei einem UN-Gipfel in New York die sogenannten Nachhaltigkeitsziele verabschiedet werden. Deshalb verglichen die Wissenschaftler für die Studie 34 Staaten anhand von 34 Kriterien miteinander. Dazu zählten Umweltschutz und Wachstumsaussichten, aber auch Kriminalität und Sozialsystem. Die fünf bestplatzierten Länder sind Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und die Schweiz, am schlechtesten schnitten Griechenland, Chile, Ungarn, die Türkei und Mexiko ab.

Deutschland mit erheblichen Mängeln in der Ökologie

"Unsere Untersuchung ist der erste Stresstest für die Industriestaaten zu den neuen Zielvorgaben. Danach können wir uns als die reichen Länder mit unserer wachsenden sozialen Ungleichheit und Ressourcenverschwendung nicht mehr länger als die Lehrmeister der Welt darstellen", sagte Stiftungschef Aart De Geus. "Wir können in der Analyse erkennen, wo auch wir unsere Hausaufgaben machen müssen. Und zudem zeigt sie uns, wo die Industriestaaten bereits jetzt Gefahr laufen, die neuen Nachhaltigkeitsziele zu verfehlen."

Deutschland ist bei vielen Punkten vorn mit dabei, gerade im Umweltbereich gibt es aber erhebliche Mängel. So verursacht jeder Deutsche der Studie zufolge 614 Kilogramm Müll pro Jahr - der Schnitt liegt bei gerade 483 Kilo, und ein modernes Industrieland wie Japan produziert nur etwas mehr als die Hälfte des Pro-Kopf-Abfalls der Deutschen. Ganz hinten sind die Schweiz und die USA, an letzter Stelle die Windrad-Nation Dänemark mit 751 Kilogramm Müll.

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Auch die deutsche Landwirtschaft ist nach Ansicht der Gutachter nicht besonders ökologisch. Pro Hektar würden 94 Kilogramm zu viel Nitrate und Phosphate auf die Äcker gebracht, das könne die Böden schwer schädigen. Auch die Luft ist längst nicht so sauber, wie sie sein sollte: Bei der Feinstaubbelastung liegt Deutschland auf Platz 27 von 34. Laut Studie beutet die Bundesrepublik auch ihr Grundwasser zu sehr aus und vernachlässigt den Schutz bedrohter Arten. Ein Kritikpunkt außerhalb des Umweltschutzes: Deutschland müsste mehr Geld für seine Infrastruktur ausgeben.

Insgesamt Platz 6

Dass Deutschland trotzdem auf den sechsten Platz kommt, liegt an Wirtschaft und Sozialem: So sei das Wachstum hoch und nachhaltig (Platz 6), die Arbeitslosenquote (6) ebenso gering wie die Armutsquote (4) und die soziale Absicherung vorbildlich. Die Gefahr, Opfer eines Tötungsdelikts zu werden, sei sehr gering (0,7 je 100 000 Einwohner, Platz 6). Auch die hohe Zahl an Naturschutzgebieten gereicht den Deutschen in der Untersuchung zum Vorteil. Besonders gut ist die Ingenieursnation auch bei Forschung und Entwicklung.

Der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan mahnt im Vorwort des Gutachtens: "Diese Studie wird hoffentlich Reformdebatten über Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in vielen Industriestaaten entfachen. Wir schulden dies unserem Planeten und seinen Menschen." (dpa)