Berlin. . Drei Milliarden Pappbecher wandern jährlich über die Ladentheken. Macht zusammen: einen Riesenhaufen Müll. Umweltschützer fordern 20 Cent Aufschlag.
Vorbei sind die Zeiten, als Kaffee vor allem aus Porzellan-Tassen getrunken wurde und es hieß „Draußen nur Kännchen“. Heute wird der Kaffee oft für unterwegs serviert: Die Bäckerei, die Fast-Food-Kette oder die Tankstelle schenken das braune Getränk im Pappbecher mit Plastikdeckel aus. Der Kunde macht sich auf ins Büro oder zum Friseur und trinkt nebenbei den Becher aus. Der landet dann im Müll und manchmal auch einfach auf der Straße.
Die deutsche Umwelthilfe, einer der großen Umweltverbände Deutschlands, fordert nun eine Abgabe von 20 Cent auf die Einwegbecher. Sie seien, so Geschäftsführer Jürgen Resch „ein wahrer Fluch für die Umwelt“. Resch und seine Kollegen haben Studien durchforstet und eigene Berechnungen gemacht, um erstmals einen größeren Überblick über die neue Art des Kaffetrinkens zu gewinnen. Bisher gab es dazu kaum Daten. Alles begann mit dem Erfolg der Fast-Food-Ketten Anfang der 90er-Jahre in den USA. In Deutschland gab es den ersten Kaffee „auf die Hand“ 1996. Coffee-Shops und Kaffee-Bars öffneten. Bundesweit gibt es mittlerweile knapp 2200. Vor allem für die jüngere Generation sei der „schnelle Kaffee“ nicht mehr wegzudenken, so die Umweltschützer.
320 000 Einwegbecher stündlich, 2,8 Milliarden im Jahr
In Deutschland würden stündlich 320 000 Einwegbecher verbraucht, pro Jahr 2,8 Milliarden Stück, rechnete Resch vor: Wenn man die jährlich in Deutschland verbrauchten Coffe-to-go-Becher aneinanderreihe, reiche die Kette „mehr als sieben mal um die Erde.“
So müssten allein für den schnellen Einweg-Kaffee hierzulande jedes Jahr 43 000 Bäume gefällt werden, um die Pappe herzustellen. Dazu kämen 1,5 Milliarden Liter Wasser. Zudem würden für Becherbeschichtung und Deckel 11 000 Tonnen Kunststoff benötigt.
Herstellung verbraucht viel Energie
Insgesamt werde bei der Herstellung der Becher jedes Jahr so viel Energie verbraucht wie für die Versorgung einer Kleinstadt nötig sei. Selbst die Einwegbecher, die manchmal als Öko angepriesen würden, monierte Resch, seien keine gute Alternative. Die ist aus seiner Sicht der „Mehrwegbecher to go“. „Wir wollen niemandem den Coffee to go ausreden“, sagte Resch. Er solle aber auf „umweltfreundliche Art und Weise“ getrunken werden.
Verbieten lassen sich die Einwegbecher nicht. Dem steht das Europarecht entgegen. Resch sieht zwei Möglichkeiten, Mehrwegbecher durchzusetzen. Entweder bringen Kunden eigene Becher mit. Das spare schon heute Geld, weil Ketten wie Starbucks einen Rabatt von 30 Cent gewähren. Oder die Kaffeeketten bauen ein neues Mehrweg-System auf, so dass die Verbraucher leere Becher gegen Pfand in jeder Filiale wieder abgeben können. Die sollen dann von Spüldiensten abgeholt, zentral gereinigt und wieder zurück gebracht werden. Bei Sportveranstaltungen werde das heute schon so mit Bier- oder Limobechern gemacht.
Unternehmer überzeugt Reschs Anti-Einweg-Plan nicht. Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sagte: „Wir halten von einer neuen Zwangsabgabe nichts.“
Die Politik tut sich schwer
Die Politik tut sich auch schwer. Zwar haben einzelne Politiker des Berliner Abgeordnetenhauses im Mai einen 20 Cent Aufschlag für Pappbecher ins Spiel gebracht. Doch dann wurde darüber gestritten, ob dafür das Land Berlin zuständig sei oder der Bund. Und ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte: „Wir planen keine Abgabe“. Denn die Kontrolle, ob sie tatsächlich erhoben werde, koste vermutlich mehr, als die 20-Cent-Abgabe an Geld einspielen werde.