Essen. . Wirtschaftsminister Gabriel plant neue Regeln für die Konzernhaftung beim Atomausstieg. Das hätte Folgen für Eon. Stadtwerke stehen vor „Stresstest“.

Es soll ein tiefer Einschnitt in der Geschichte von Eon werden. Deutschlands größter Energiekonzern wird zweigeteilt. Mit dem zukunftsträchtigen Geschäft für erneuerbare Energien siedelt sich Eon in Essen an. In Düsseldorf bleibt die Eon-Abspaltung Uniper mit den Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken.

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Angesichts milliardenschwerer Verpflichtungen im Zuge des Atomausstiegs rufen die Konzernpläne die Politik auf den Plan. Schließlich müssen die Kernkraftwerksbetreiber nach geltender Rechtslage sämtliche Kosten des Rückbaus und der Stilllegung von Anlagen sowie der Entsorgung radioaktiver Abfälle tragen. Schon kurz nach Bekanntwerden der Eon-Pläne Ende vergangenen Jahres hatten Kritiker vermutet, der Konzern wolle seine Atom-Altlasten in eine Art „Bad Bank“ ausgliedern, um das Zukunftsgeschäft nicht zu gefährden. Konzernchef Johannes Teyssen beteuerte, Uniper sei „ganz sicher keine Bad Bank“.

"Eltern haften für ihre Kinder"

Die Bundesregierung scheint aber auf Nummer sicher gehen zu wollen. Denn nach derzeitigem Stand würde die gesamtschuldnerische Nachhaftung von Eon fünf Jahre nach der Abspaltung enden. Nun wird erwogen, diese Fünf-Jahres-Frist aufzuheben. „Eltern haften für ihre Kinder“, hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) unlängst betont.

Man wolle einer „möglichen Verkleinerung des Haftungsvermögens“ entgegenwirken, hieß es am Mittwoch im Wirtschaftsministerium. Einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Neuregelung der Konzernhaftung habe das Ministerium bereits erarbeitet. Eon erklärte, ein offizieller Gesetzentwurf liege dem Unternehmen nicht vor. „Uns ist lediglich ein Arbeitsstand bekannt, der nach unserer Rechtsauffassung zumindest in Teilen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist“, hieß es bei Eon.

Auch zwei Stadtwerke sind an Atomkraftwerken beteiligt

Auch mit einem „Stresstest“ der Wirtschaftsprüfer von Warth & Klein Grant Thornton lässt das Ministerium derzeit prüfen, ob die Atombetreiber genug Geld für die Kosten der Kernenergie zurückgelegt haben. Außerdem will die Regierung eine Kommission gründen, die bis Ende November Empfehlungen dazu erarbeiten soll, wie die Finanzmittel für den Atomausstieg langfristig gesichert werden können. Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen.

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Für zwei Stadtwerke geht es ebenfalls um viel Geld: Neben Eon, RWE, Vattenfall und EnBW zählen auch die Stadtwerke aus München und Bielefeld zum Eigentümerkreis der Atomkraftwerksbetreiber. So gehört dem kommunalen Betrieb aus Bielefeld ein Sechstel des Eon-Kernkraftwerks Grohnde, das Ende 2021 vom Netz gehen soll. Rückstellungen von gut 400 Millionen Euro hat das NRW-Stadtwerk dafür gebildet.

Bei den Stadtwerken München sind es 563 Millionen Euro. „Die Annahmen für Stilllegung, Rückbau, Zwischen- und Endlagerung werden jährlich aktualisiert“, hieß es in München. Die Stadtwerke aus der bayerischen Landeshauptstadt halten 25 Prozent der Anteile am Atomkraftwerk Isar II, das Ende 2022 den Betrieb einstellen soll. Auch die Atom-Rückstellungen der Stadtwerke sollen beim „Stresstest“ im Auftrag des Wirtschaftsministeriums genauer unter die Lupe genommen werden.