Berlin. . Das Bundeskabinett einigt sich auf eine Novelle der Erbschaftsteuer. Unternehmensverbände und die Opposition kritisieren die Pläne aber heftig.

Zum Schluss ging alles ganz schnell. Nach monatelangem Koalitionsstreit hat das Bundeskabinett eine Reform der Erbschaftssteuer beschlossen. Doch das Gezerre um Details des Gesetzentwurfs, der noch den Bundestag passieren muss, ist damit längst nicht vom Tisch. So forderten alle drei CSU-Bundesminister noch während der Kabinettssitzung am Mittwoch Nachbesserungen und weitere Erleichterungen für Familienunternehmen.

Warum war die Änderung nötig?

Das Bundesverfassungsgericht hatte strengere Auflagen für Erben von Unternehmen verlangt, um sie nicht weiterhin gegenüber privaten Erben zu bevorzugen. Künftig sollen im Kern nur Firmenerben weitgehend oder ganz von Steuern befreit werden, wenn sie die Unternehmen über Jahre fortführen und die Mehrzahl der Arbeitsplätze erhalten.

Wie fielen die Reaktionen aus?

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Sehr kontrovers. Wirtschafts- und Unternehmensverbände kritisieren die Auflagen als zu streng. Gewerkschaften, Teile der SPD sowie Oppositionspolitiker halten sie für zu großzügig. So fürchtet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), dass Familienbetriebe künftig erheblich schwerer zu übertragen seien, der Zentralverband des deutschen Handwerks fordert Nachbesserungen zugunsten kleiner Betriebe. Die B90/Grünen-Sprecherin für Steuerpolitik, Lisa Paus, kritisiert wiederum, dass 99 Prozent der Firmenerben künftig von der Steuer verschont blieben und warnte, dass dieser Gesetzentwurf den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht genügen werde. Richard Pitterle von den Linken hält den Entwurf für „eine Farce“, der Firmenerben privilegiere.

Wie viel Mehreinnahmen bringt das neue Erbschaftssteuerrecht?

Pro Jahr werden in Deutschland etwa 20 000 Unternehmen vererbt. Bislang liegen die Einnahmen durch Erbschaftssteuern von Unternehmen bei 5,5 Milliarden Euro. Durch das neue Gesetz werden Mehreinnahmen von 200 Millionen Euro erwartet.

Welches sind die Ziele des neuen Erbschaftssteuergesetzes?

Künftig werden vor allem Erben größerer Unternehmen stärker belastet. Also jene, die mehr als 26 Millionen Euro Betriebsvermögen erben. Pro Jahr sind davon laut Schätzungen etwa ein Prozent aller Fälle – also rund 200 Firmen betroffen.

Wann tritt das Gesetz in Kraft?

Das Bundesverfassungsgericht verlangt eine Neuregelung des Gesetzes bis zum 30. Juni 2016. Der Gesetzentwurf muss zuvor vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Viele erwarten, dass auch gegen das neue Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt wird.

Was ändert sich für kleine Firmen?

Für Unternehmen mit bis zu drei Beschäftigten fällt weiterhin keine Erbschaftssteuer an, sofern das Unternehmen mindestens sieben Jahre fortgeführt wird. Zu dieser Gruppe gehören etwa 50 Prozent aller Firmen in Deutschland.

Was ist mit Großunternehmen?

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Für Erben großer Betriebe, die ein Betriebsvermögen von mehr als 26 Millionen Euro erhalten, steigen die Anforderungen für eine Befreiung der Erbschaftssteuer. Das Finanzamt soll dann prüfen, ob der Erbe die Steuer aus seinem Privatvermögen zahlen kann. Diese sogenannte „Bedürfnisprüfung“ wird auch „Hartz IV für reiche Erben“ genannt. Besitzt der Begünstigte beispielsweise Aktien oder Immobilien, sollen daraus bis zu 50 Prozent der Erbschaftssteuer beglichen werden. Genügt sein Vermögen nicht, wird die Steuer entsprechend erlassen. Wer sein Privatvermögen nicht offen legen möchte, muss künftig mehr bezahlen.

Werden Familienunternehmen begünstigt?

Bei Familienunternehmen, die sich strenge eigene Regeln auferlegt haben (wie Einbehaltung der Gewinne oder Verkauf nur an Angehörige), gilt die höhere Bemessungsgrenze von 52 Millionen Euro. Dies ist ein Entgegenkommen gegenüber Familienunternehmen.