Mülheim/Duisburg. . Der Gerichtsstreit zwischen Bäckern und dem Discounter Aldi Süd über dessen Backautomaten dauert schon seit vier Jahren. Auch ein Experte brachte die Duisburger Richter am Dienstag nicht weiter.

Backt oder bräunt Aldi Süd seine Brote und Brötchen? Diese Frage beschäftigt nun schon seit 2011 Richter und Anwälte. Ein Gutachter sollte am Dienstag vor dem Duisburger Landgericht Licht ins Dunkel bringen. Die Frage, ob Aldi nun backt oder bräunt, blieb am Ende offen.

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Rückblende: Wie andere Supermärkte und Discounter auch hat Aldi Süd seit 2009 seine Filialen mit Backautomaten ausgestattet. Handelsexperten sind der Auffassung, dass die Unternehmen mit den frischen Backwaren kaum Geld verdienen, weil sie dafür viel Personal einsetzen müssen. Auf der anderen Seite bringt das Brot- und Brötchenangebot aber offenbar Frequenz – beim Discounter Lidl sollen es ein bis zwei Prozent mehr Kunden sein.

Brötchen per Knopfdruck

Auf diesen Zug sprang auch Aldi Süd auf. Per Knopfdruck kommen zum Teil noch warme Baguettes oder Croissants aus dem Automaten gepurzelt. Was hinter der Wand passiert, bleibt das Geheimnis des Mülheimer Handelsriesen. Dem Deutschen Bäckerhandwerk ist die Konkurrenz nicht geheuer. Die Innung reibt sich insbesondere daran, dass Aldi Süd mit der Aussage wirbt, in den Filialen frisch zu backen. Zu Beginn des Rechtsstreits 2011 unterstrich der Discounter noch einmal, dass es sich bei den Geräten um „Backöfen“ handele, in denen ein „Backvorgang“ stattfinde.

Daniel Schneider vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks sieht das anders: „Das sind große Blackboxen, wo kein Mensch weiß, was da passiert“, sagt er und vermutet: „Das kann kein Backen sein.“ Die Frage, ob die fertig angelieferten Teigrohlinge tatsächlich gebacken oder – wie von den Bäckern angenommen – nur gebräunt werden, sollte nun ein Gutachter klären. Die Duisburger Richter hatten im Februar 2011 vergeblich versucht, die umstrittenen Backöfen in Augenschein zu nehmen.

Nach Angaben eines Gerichtssprechers versagte Aldi Süd aber einen Blick hinter die Kulissen. Statt der Kammer durfte dann der vom Landgericht beauftragte Experte Jürgen-Michael Brümmer die Backautomaten genauer unter die Lupe nehmen. Rund zwei Stunden spricht der 77-jährige Professor im Duisburger Zeugenstand über das Backen, es geht um „Bräunungsgrad“, „straffe Krume“ oder die Frage, wie gut sich Butter auf dem Brötchen verstreichen lässt. Ob allerdings in den Aldi-Automaten gebacken wird oder nicht, darauf gibt der Experte keine klare Antwort.

Handwerk leidet unter Discountern

Das Handwerk nach „alter Väter Sitte“, nämlich Kneten, Gären und Backen direkt hintereinander, finde in Backstuben ohnehin kaum noch statt, erläutert Brümmer. Es sei in den meisten der 15 000 Bäckereien im Land üblich, die Teiglinge erst nur zum Teil und dann kurz vor dem Verkauf fertig zu backen.

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So passiere es auch bei Aldi Süd: In die Automaten, so der Professor, kämen Brote und Brötchen, die zu 60 bis 70 Prozent teilgebacken seien. Brümmer kritisierte aber lediglich, dass er aus fachmännischer Sicht mit der Qualität einiger Backwaren nicht zufrieden gewesen sei. So sei ihm die Kruste eines Baguettes nicht knusprig genug gewesen. Ob diese Einschätzung Richtern und Klägern weiterhelfen wird, bleibt abzuwarten.

Brotkonsum geht zurück

Denn nicht nur Backautomaten, sondern auch Billigketten und das Verbraucherverhalten machen den handwerklichen Bäckern zunehmend das Leben schwer. In Deutschland wurden 2014 nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung zwar rund 1,82 Millionen Tonnen Brot gekauft. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das aber einen Rückgang um 3,9 Prozent. Der Pro-Kopf-Verzehr lag 2014 bei 46,3 Kilogramm. Im Jahr zuvor waren es noch 48,4 kg.

Das bekommen die Bäckereien neben der wachsenden Konkurrenz zu spüren. Seit 2011 sterben Jahr für Jahr mehr Handwerksbetriebe. Ihre Zahl sank bis 2014 von 292 000 auf 277 200.