Essen. . Busse, Straßenbahnen, Haltestellen – die ÖPNV-Betriebe der Revierstädte müssten eigentlich Millionensummen investieren, doch es fehlt das Geld.

Duisburg gehen die Straßenbahnen aus – Kunden der Duisburger Verkehrsgellschaft DVG müssen in Busse umsteigen, auf ein und derselben Linie. Die Bogestra in Bochum hat Probleme mit Rissen in Fahrzeugachsen – und beordert 42 Schienenfahrzeuge in die Werkstätten. In Dortmund kommen Stadtbahnwagen, Stellwerke und Rolltreppen in die Jahre – Investitionsbedarf: deutlich über 150 Millionen Euro. Die Essener Evag fährt einen radikalen Sparkurs – was jetzt auch Mitarbeiter trifft: 100 befristete Jobs standen zeitweise zur Disposition.

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Vier Beispiele aus vier Städten des Ruhrgebiets, die zeigen: Die Lage der Nahverkehrsunternehmen in unserer Region ist dramatisch. Die schwache Finanzausstattung der Städte, wegbrechende Erträge aus dem Energiegeschäft der kommunalen Versorger, die den Nahverkehr bislang quersubventionierten und der hohe Sanierungsbedarf der in die Jahre gekommenen Technik: All das setzt die ÖPNV-Betriebe schon seit geraumer Zeit unter Druck.

ÖPNV-Betriebe müssten Milliardenbetrag schultern

Rechnet man die dringend notwendigen Investitionen in Busse, Straßenbahnen, Haltestellen und technische Anlagen zusammen, müssen die ÖPNV-Betriebe der Revierstädte in den nächsten Jahren einen Milliardenbetrag schultern. Das ergab eine Umfrage dieser Zeitung bei den Betrieben. Allein die Essener Evag muss demnach in den kommenden Jahren 405 Millionen Euro in den Schienenverkehr stecken.

Bei der Bogestra (Bochum, Herne, Witten) rechnet man mit über 230 Millionen Euro, um wenigstens den Status quo aufrecht erhalten zu können. Hinzu kommen weitere dreistellige Millionenbeträge für den gesetzlich geforderten barrierefreien ÖPNV bis 2022. Nach einer Schätzung des NRW-Städtetages wären bei einer Fortschreibung des derzeitigen jährlichen Investitionsvolumens alle Haltestellen erst im Jahr 2065 barrierefrei.

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Auch aus Sicht des Fahrgastverbandes „Pro Bahn“ tickt die Uhr bei allen Nahverkehrsbetrieben der Region. Der dickste Brocken warte aber auf die Unternehmen erst in rund zwanzig Jahren, so „Pro Bahn“-Sprecher Lothar Ebbers. Dann werde in vielen Städten die aufwändige Sanierung der Stadt- und U-Bahntunnel fällig. Ebbers: „Da reden wir von Summen wie für einen Neubau.“

Kampf um staatliche Gelder und Signale aus Berlin

Verschärft wird die Situation derzeit durch den Kampf um staatlicher Gelder. Auch dabei geht es um Milliarden. Mit diesen Bundesmitteln konnten die Nahverkehrsunternehmen bisher langfristig planen und Investitionsvorhaben anschieben. Doch die Förderquellen drohen zu versiegen, wenn sich Bund und Länder nicht auf eine Anschlussfinanzierung ab 2019 einigen können. Seit Monaten jedoch schleppen sich die Verhandlungen hin. Immerhin gibt es jetzt einen Lichtblick. Auf der Jahrestagung des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) diese Woche in Köln versicherte Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, der Bund könne sich eine Fortführung der Finanzierung vorstellen. Jetzt müssen nur noch die Länder zustimmen.

Auf das Signal aus Berlin hatten die Nahverkehrsunternehmen lange gewartet. VDV-Präsident Jürgen Fenske wertete die Aussage als gutes Zeichen für die ÖPNV-Unternehmen in ganz Deutschland. Sie hätten nun zumindest wieder Aussicht auf Planungssicherheit.