Essen. . Viele finanzschwache Revierstädte setzen auf Geld vom Energieversorger RWE. Bei anderen Anteilseignern löst das vor der Hauptversammlung Unmut aus.

Es ist selten, dass sich Investoren gegen eine hohe Dividende aussprechen. Doch beim angeschlagenen Essener Energieversorger RWE sind es ausgerechnet Aktionärsschützer und Vertreter von Investmentgesellschaften, die sich dafür stark machen, weniger Geld an die Anteilseigner auszuschütten. „RWE könnte das Geld auch intern gut gebrauchen“, sagt beispielsweise Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment. „Dem Unternehmen würde ein kompletter Ausfall der Dividende eigentlich sehr gut tun.“

Ähnlich formuliert es Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Auch er sagt, RWE würde eine Dividenden-Nullrunde „eigentlich gut tun“. Denn das Unternehmen brauche Geld, „um in eine Vorwärtsstrategie investieren zu können“. Bislang ist der Ruhrkonzern noch stark von der Braunkohleförderung und entsprechenden Kraftwerken abhängig. Bei den erneuerbaren Energien gibt es Nachholbedarf.

Rund 615 Millionen Euro will RWE in diesem Jahr ausschütten. Die Dividende ist auch ein hoch politisches Thema. Die einflussreichen kommunalen Aktionäre – darunter finanzschwache Revierstädte wie Dortmund, Essen und Mülheim – halten zusammen rund 24 Prozent der RWE-Aktien und haben sich zuletzt vehement für eine ordentliche Gewinnausschüttung ausgesprochen.

Kommunale Aktionäre wollen erstmals bei RWE-Hauptversammlung sprechen

Auch bei der diesjährigen Hauptversammlung in der Essener Grugahalle wollen die Kommunen ihren Standpunkt vertreten. Bislang haben sich die Kommunen bei den Aktionärstreffen noch nie öffentlich zu Wort gemeldet. Das soll sich nun ändern. Ein Vertreter der kommunalen Aktionäre werde „auf jeden Fall in die Bütt gehen“, hieß es.

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Im Jahr 2009 lag die RWE-Dividende noch bei 4,50 Euro, ging danach aber kontinuierlich zurück, zunächst auf 3,50 Euro, dann auf zwei und jetzt auf einen Euro. Das hat auch in den kommunalen Haushalten Spuren hinterlassen. Planspiele für einen möglichen Einstieg arabischer Investoren bei RWE haben die kommunalen Aktionäre alarmiert. Insbesondere eine Beteiligung neuer Investoren auf dem Wege einer Kapitalerhöhung – also durch die Ausgabe neuer Aktien – wäre für die Städte riskant, denn ihr Anteil könnte verwässert werden und gewisse Steuervorteile wären in Gefahr.

„Pfründe der Kommunen beschneiden“

Investoren-Vertreter Speich hält dagegen: Was der Konzern jetzt benötigt, sei „frisches Kapital“ und eine „radikale Neuausrichtung“ der Strategie. „Das würde beides allerdings auch die Pfründe der Kommunen beschneiden.“

RWE-Vorstandschef Peter Terium, dessen Vertrag bis zum Jahr 2021 verlängert worden ist, bekommt Lob. Terium mache „einen guten Job“, so Speich. Veränderungen wünscht er sich an der Spitze des RWE-Aufsichtsrats, der seit Jahren vom früheren Bayer-Chef Manfred Schneider geführt wird. Dass noch immer kein Nachfolger für Schneider gefunden sei, „ist im Moment eines der Kernprobleme“, kritisiert Speich.